An der Kenianisch – Tansanischen Grenze erleben wir dann unangenehme Über-raschungen: als erstes werden wir nach unseren Gelbfieber-Impfausweisen gefragt. Die haben wir zwar dabei, sind aber längst abgelaufen. Und obwohl dies ein eher schwach frequentierter Grenzübergang ist, haben sie einen Impfposten mit gekühltem (!) Serum vor Ort. Also müsse wir uns für je 50 US$ erst mal impfen lassen… Als nächstes studiert der Grenzbeamte unsere Pässe vor- und rückwärts, nimmt Rücksprache mit seinem Chef, in dessen Büro wir dann begleitet werden. Er fragt uns dann staunend, weshalb wir das letzte Tansania Visum nur für einen (und nicht drei) Monat(e) beantragt hätten; weil, das wäre auch nach einer Wiedereinreise aus Kenia noch gültig gewesen… Aber so müsse er uns jetzt wieder ein Neues für je 50 US$ ausstellen… Dabei hatten wir den damaligen Grenzbeamten noch extra danach gefragt und dieser hatte verneint, dass dies möglich wäre! Wir fühlen uns wieder mal als herumwandelnder Geldautomat. Wie kommt es nur, dass wir uns in afrikanischen Ländern immer wieder an unsern guten Polo Hofer (Berner Sänger) erinnern: „jä bi ni öppe ne Kiosk oder bi ni öppe ne Bank…“ ?! Kölbis Laune ist auf jeden Fall auf einem Tiefpunkt angelangt und wir müssen uns erst mal an der (eigentlich überhaupt nicht so schönen wie erwartet) Peponi-Beach wieder sammeln. Was tun wir hier und was erwartet uns noch? Und was erwarten wir von den nachfolgenden Ländern Malawi und Mosambik? Sollen wir unseren Afrika-Aufenthalt abkürzen?
Aber dann treffen wir wieder andere Reisende, die uns von Malawi schwärmen, und speziell von Namibia haben wir ja bisher nur Gutes gehört… Also schrauben wir unsere Erwartungen wieder mal etwas runter und raffen uns auf um erst mal in die nahe-gelegenen Usambara-Berge zu fahren. Die gute Teerstrasse führt durch schöne Hügellandschaften, eingangs eines Dorfes werden wir von drei europäischen Töfffahrern überholt, wir schauen ihnen noch etwas nach – und zack: Polizei, Radarkontrolle, wir haben das 50er Schild übersehen… mit 18 Fr Bussgeld kommen wir doch noch glimpflich davon! – Nur: Kölbis Laune wird davon auch nicht besser… Die Strasse in die senkrecht aufragenden Usambara-Berge ist dann aber eine Wonne zum fahren – Kölbi wünscht sich insgeheim sicher eines der Motorräder von vorhin…;-) Wir campieren ganz oben beim Irente Viewpoint, wo wir auf dem Hotelparkplatz mit tollem Ausblick stehen können. Und kurz nachher gesellen sich auch noch die drei Töfffahrer zu uns: Ed aus England und Mirjam und Daan aus Holland. Wir unternehmen am nächsten Tag zu-sammen eine Wanderung in den Hügeln hier, meist begleitet von einer ganzen Heerschar Kindern.
Mit etwas Kraxeln erreichen wir einen exponierten Aussichtsfelsen und staunen über die Trittsicherheit und Unbekümmertheit der Kleinen hier, obwohl es doch senkrecht in die Tiefe geht. Sie sind sich das wohl gewohnt…
Wir haben von einem weiteren Aussichtspunkt auf der andern Seite der Berge gehört und fahren am nächsten Tag dorthin. Wir wählen allerdings eine andere Route als die Töffler, mehr der Kante entlang mit tollen Ausblicken und durch faszinierende Dörfer. Die Strasse windet sich immer schmaler werdend durch die Hügel, etliche Brücken inspizieren wir zuerst einmal, bevor wir darüber fahren! Aber auch die Inlandroute muss happig sein, denn die drei Töffler sind ganz erstaunt als wir zeitgleich mit ihnen im Mambo Viewpoint eintreffen. Da sie uns schon den ganzen vorderen Abend von den herrlichen Asados (Niedertemperatur-Grilltechnik) Argentiniens vorgeschwärmt haben, beschliessen wir spontan uns im Dorf nach Fleisch umzusehen und dann gemeinsam ein Asado zu machen. Und erstaunlicherweise wird das sonst so zähe afrikanische Rindfleisch doch noch ganz saftig und „kaubar“… aber sicherheitshalber haben wir mit einem Teil des Fleischs auch noch Gulasch gemacht 😉
Wir verab-schieden uns am nächsten Morgen von-einander, sie müssen weiter und Kölbi und ich geniessen noch einen weiteren Tag in dieser entspannten Umgebung mit seinen freundlichen, unaufdringlichen Menschen. Diese Bergregion erscheint uns fast wie eine kleine, zurückgebliebene Insel; – doch auch hier sieht man Anzeichen einer zu-nehmenden Radikalisierung: viele neu-erbaute Moscheen und Madrassas (Islam-schulen) konkurrieren mit etlichen Kirchen und Missionsschulen… nur der Staat selber scheint sich kaum um seine Bürger zu kümmern! Eine tolle Fahrstrecke erwartet uns dann beim Runterfahren vom Plateau: eine schmale Bergstrasse windet sich über schmale Grate steil den Hang hinunter. Je weiter runter wir kommen, desto ausgewaschener ist sie und den Abschluss macht ein tiefsandiges Flussbett… – ob die drei mit ihren schwerbeladenen Töffs da wohl Freude hatten?? Ich bin auf jeden Fall froh um unsere vier Räder, – auch wenn Kölbi da nicht immer meiner Meinung ist: ihm würden auch zwei genügen 😉 Durchs Hinterland fahren wir an den Fuss des Kilimanjaro, der sich uns an diesem Tag wolkenverhangen präsentiert. Wir über-nachten auf dem Campingplatz eines engagierten Kaffeebauers, der mir dann auch prompt einen Beutel seines feinen Kilimanjaro-Kaffees verkauft. Dabei sind wir doch bekennende Nescafe-Trinker geworden… also muss ich mir noch Filtertüten kaufen und so entsteht unser neues abendliches Kaffee-Brau-Ritual unter Zuhilfenahme eines kleinen Plastiktrichters!
Hier direkt am Hang des Kilis ist es uns zu kühl und wolkenverhangen und so zügeln wir für die nächste Nacht runter in die Steppe, wo versteckt der kleine Kratersee „Lake Chala“ liegt. Ein viertelstündiger Fussmarsch bringt uns runter zu einem erfrischenden Bad im kristallklaren Wasser. Rundherum ist alles trocken und öd, dabei hat es hier doch Wasser ohne Ende… wieder einmal fragen wir uns, weshalb die Afrikaner hier keine Bewässerungssysteme angelegt haben?? Aber diese Frage taucht nicht das letzte Mal auf auf unserer Reise durch Afrika, denn es warten ja noch viel grössere Süsswasserseen auf uns, wie zum Beispiel der Malawisee. Am Erschreckendsten war es am Viktoriasee, wo nur wenige Kilometer vom See entfernt die Einheimischen ihr Wasser aus brackigen Tümpeln geholt haben! Weshalb wurden hier nie keine Bewässerungskanäle gebaut wie sonst überall auf der Welt?? Wenn ich nur schon an die über hundert Kilometer(!) langen unterirdischen Kanäle im Iran denke…!
Weshalb wissen sich die Menschen hier nicht selber zu helfen, sondern erwarten ihr Heil immer von auswärts…?! Je länger wir in Afrika unterwegs sind, desto kritischer stehen wir zu all den hunderten und tausenden von Hilfsprojekten, die vom Ausland gesponsert, seit Jahren viel Geld in diese Weltregion bringen – und doch scheint sich alles nur mehr zu verschlechtern und verschlimmern. Was wäre die Lösung? Keine Ahnung, aber der jetzige Zustand kann‘s auch nicht sein: zuviel Geld versickert in den Taschen von Politikern und erreicht kaum je die von uns gewünschte Wirkung: nämlich Hilfe zur Selbsthilfe… im Gegenteil, wir unterstützen die Menschen hier in ihrer Lethargie und ihren Erwartungen auf Hilfe von aussen!
Genug philosophiert, wir machen uns auf Richtung Südwesten, nach Arusha und danach an den Manyara-See. Wir befinden uns hier im Zentrum des tansanischen Hochpreis-Tourismus, inmitten von spektakulären Nationalparks wie der Serengeti, dem Ngorogoro-Krater und dem Tarangire. Überall sehen wir teure Lodges, die Strassen sind frisch geteert und es fahren schicke Offroader-Autos zuhauf. Doch leider ist diese Welt nicht auf unser Budget zugeschnitten: ein einziger Tag in der Serengeti würde uns über 250 SFr kosten, von der Fahrbewilligung in den Ngorongoro-Krater wagen wir nicht mal zu träumen…. (500SFr)! Ich bin froh, diese Parks bereits vor 25 Jahren besucht zu haben, als sie noch bezahlbar waren. So suchen wir uns eine Strecke ausserhalb der teuren Parks und finden eine landschaftlich ganz reizvolle Natur-Strasse durch die Berge westlich des Sees. Immer wieder halten wir und geniessen die tollen Ausblicke. Der krönende Abschluss ist dann die Abfahrt auf schmalen Bergrücken und -graten wieder runter zum südlichen Seeboden, der nun Ende Trockenzeit nicht mehr viel Wasser hat und von den Salzrückständen schon von fern weiss schimmert. Wir halten Ausschau nach einem Platz zum Übernachten und entdecken nahe bei ein paar Telefonsendern eine Baggerspur, die zu einem Plätzchen mit toller Aussicht führt. Da wollen wir bleiben!
Schon nach ein paar Minuten kommen zwei „Bergwächter“ vorbei und zeigen uns ein englisch geschriebenes Schild: „Betreten nur mit Erlaubnis gestattet“… (da sie kein Englisch sprechen, haben sie es extra für uns abmontiert und hergebracht!) – Aber da wir ja hier in Afrika sind, wird uns die „Erlaubnis“ nach Zahlung eines kleinen Trinkgelds an die Wächter unbürokratisch und per sofort erteilt… 😉 und wir dürfen einen störungsfreien Abend auf diesem schönen Flecken Erde geniessen. Die nächsten paar Tage sind dann Fahrtage: wir sitzen von frühmorgens bis abends im Auto und versuchen Strecke zu machen. Das gelingt am ersten Tag recht gut, da wir erst mal auf neuer, gut ausgebauter Teerstrasse fahren können. Leider wird uns gerade das zum Verhängnis, denn zum ersten Mal auf unserer Reise haben wir eines der kleinen Schlafzimmerfenster vergessen zu schliessen. Der schnelle Fahrtwind reisst es irgendwann auf und ab und wir finden es zerbrochen auf der Strasse liegend wieder… Seitdem (ver-)ziert „schönes“, grünes SIGA- Klebband unsere Kabine… aber es hält! Ist ja auch ein CH-Qualitätsprodukt 😉 Am Nachmittag treffen wir dann in Dodoma, der Hauptstadt Tansanias, ein. Sie ist bewusst ins Zentrum des Landes verlegt worden und wohl eine der kleinsten, unfertigsten und abgelegensten Hauptstädte dieser Welt… nach fünf Minuten „Stadtrundfahrt“ sind wir durch und bereits wieder auf der „Ausfallstrasse“ Richtung Süden unterwegs, die sich allerdings als holpriger Feldweg durchs einzige Weinbaugebiet des Landes entpuppt. Und momentan erst noch durch chinesische Bautrupps neugebaut wird. Was bedeutet, dass wir die nächsten 260 Kilometer Baustelle haben mit extrem staubigen Behelfsstrassen neben dem zukünftigen Trassee… 🙁 Irgendwo unterwegs übernachten wir neben der Strasse und holpern am nächsten Tag weiter. Die Landschaft ist langweilig und eintönig: ebenes, trockenes Buschland. Sogar der Stausee, über dessen Damm wir irgendwann fahren, sieht verschlammt und öde aus. So sind wir froh, als am frühen Nachmittag die ersten Dörfer wieder auftauchen und wir in Iringa auf die Teerstrasse treffen. Auftanken und weiterfahren. Oh Schreck: steht da auf dem Strassenschild nicht etwas von weiteren 65 Kilometern Baustelle? Bitte nicht…! Aber es ist so und schon kurz darauf werden wir gestoppt: Einbahnverkehr – es dauert über eine Stunde, bis wir weiterfahren dürfen! Und mit uns stauen sich natürlich all diese irren afrikanischen Busfahrer, die dann irgendwie die verlorene Zeit wieder aufholen wollen und uns und die Lastwagen nun auf der Baustellenumfahrung in dichtem Staub (2m Sichtweite!) und (wegen der tiefstehenden Sonne) im Gegenlicht überholen. Mehrmals kommt es fast zum Crash und wir sind froh, aus dieser gefährlichen Situation heil heraus zu kommen! Kurz darauf erreichen wir das „Old Farmhouse“ in Kisolanza, unser Tagesziel. Und weil es ein netter Platz ist mit feinem Essen (serviert im alten Schafstall bei Kerzenlicht!) und spezieller Umgebung (erinnert mich an den Jura!), bleiben wir gleich noch einen Tag länger und nutzen die Zeit um zu waschen und all den Staub aus dem Auto zu kriegen. Reisen ist halt nicht immer nur Ferien und Faulenzen 😉 Auf guter Teerstrasse sind wir nun Richtung Malawi unterwegs. Die Landschaft ist abwechslungsreicher geworden, hügelig und ein wenig grüner, wir fahren eine Zeit lang sogar durch Forstwälder. Offenbar haben sich hier viele weisse Farmer angesiedelt, die Felder sind grossflächig angelegt. An der letzten Tankstelle vor der Grenze tanken wir noch mal alles auf, was wir können. Sogar die Kanister füllen wir, denn in Malawi soll es Dieselknappheit geben. Schlussendlich haben wir so viel Diesel in unsere Tanks füllen lassen, dass wir am Ende noch zu wenig tansanische Shilling dabei haben! Erst nach längerer Diskussion mit dem Tankwart dürfen wir dann mit Dollars bezahlen. Deshalb fahren wir auch gleich bis zur Grenze durch, obwohl wir ja eigentlich noch eine Nacht in Tansania verbringen wollten um dann am frühen Morgen dort zu sein… Sonntags spätnachmittags an einer Grenze Afrikas ohne Visum zu erscheinen – ob das wohl schlau ist???
Vor allem, weil in Malawi komischerweise nur gerade wir Schweizer ein Visum brauchen und man das vorab auf einer Botschaft hätte holen sollen (wie mir der Grenzbeamte dann auch breit und lang erklärt)… aber ich hatte da irgendwas gelesen von einem Grenzpapier, mit dem man drei Tage später in der Provinz-hauptstadt Mzuzu das Visum nachholen könne… und so lenkt er schliesslich ein und wir erhalten sogar vier Tage Zeit, weil es schon so spät ist… Welcome in Malawi! Erleichtert fahren wir noch bis zu einem Camp am See und stossen dann mit einem Bier auf die geglückte Einreise an. Von dort machen wir einen Abstecher nach Livingstonia, einer ehemaligen schottischen Missionsstation an der Abbruchkante hoch über dem Malawisee thronend. Eine abenteuerliche Geländestrasse führt auf das Plateau hinauf und oben angekommen sind wir wie in einer anderen Welt:
alles im englischen Kolonialstil erbaut, sogar einen Uhrturm erblicken wir und im kleinen Museum können wir uns über die Geschichte des Ortes informieren. Die Missionare wählten diesen abgeschiedenen Ort wegen des besseren Klimas, da unten am See ihre Leute immer wieder der Malaria und anderen Krankheiten zum Opfer fielen. Was muss das damals für ein entbehrungsreiches Leben gewesen sein! Und dabei war diese Station hier eine der fortschrittlichsten des Kontinents, unter anderem die erste, die Strom und somit Licht hatte… Wir verbringen den Rest des Tages und die Nacht auch gleich hier oben in einem lässigen Busch-Camp namens Mushroom-farm. Sitzen am Abend mit netten Leuten ums Lagerfeuer und philosophieren übers Reisen und Afrika und erzählen uns Geschichten aus aller Welt. Solche Abende sind gut für die Seele und uns sehr wichtig; – in letzter Zeit jedoch selten gewesen! Jetzt wird‘s aber Zeit, dass wir uns nach Mzuzu begeben um unser Visum klar zu bekommen, sonst verweisen sie uns womöglich noch des Landes… 😉 Hier in Malawi erleben wir die häufigsten und striktesten Polizeikontrollen: Führerausweis, Versicherung, Feuerlöscher, 2 Pannendreiecke, Rückfahrlicht, alles wird kontrolliert! Und weil sie bei uns nichts beanstanden können, kommt am Schluss dann ab und zu die Frage nach einer Cola oder etwas zu Essen…. (für den Polizisten, natürlich!), aber wir lächeln dann jeweils nur freundlich und verstehen ab dem Moment grad gar keine Sprache dieser Welt mehr… Nebst dem Visum besorgen wir uns in Mzuzu auch Geld und Lebensmittel. Zum ersten Mal merken wir, dass wirklich vieles knapp ist in diesem Land und nicht alles immer erhältlich: Bier, Cola, Geld (wir bekommen maximal 70 SFr aufs Mal aus dem Bankautomaten – und auch das nicht immer!), sogar der Telekomshop hat grad keine SIM-Karten mehr…!
Malawis letzter Präsident ist mit 400 Mio US$ aus der Staatskasse abgehauen und seither kann das Land seine Rechnungen kaum mehr bezahlen. Aber es besteht Hoffnung, denn der neue Präsident ist eine Frau… 😉 Und obwohl eines der ärmsten Länder Afrikas, sehen wir auf unseren Fahrten durchs Land fast in jedem Ort eine Wasserpumpe stehen, was in Tansania selten der Fall war (-und einmal profitieren sogar wir davon zum Wassertanken..). Wasserholen und Holz-sammeln ist meist Frauensache in Afrika, und oftmals beansprucht diese Arbeit nebst der Feld- und Hausarbeit den Grossteil ihres Tages. Überall sehen wir Frauen und auch ganz junge Mädchen der Strasse entlang gehen und Kessel voller Wasser auf dem Kopf balancieren, oder auch riesige Holzbündel. Es sieht zwar grazil aus, aber ob das der Wirbelsäule auf Dauer gut tut?? Unser nächster Halt ist Makuzi Beach, ein kleines Ferienhotel mit Camping an einem wunderschönen Sandstrand, eingerahmt von grossen runden Felsen und einem tropischen Garten. Ein Ort wie aus dem Bilderbuch!
Wir bleiben ein paar Tage, danach verbringen wir eine Nacht in einem schönen Flusscamp, um schliesslich über kleine Bergstrassen in die Hauptstadt Lilongwe zu gelangen. Hier können wir das Mosambikvisum einholen und unsere Lebensmittelvorräte in grossen Einkaufs-zentren wieder aufstocken. Auf dem Parkplatz dort treffen wir auf ein Berner Ehepaar, Edith und Peter, das mit dem Mietauto unterwegs ist und das gleiche Etappenziel wie wir hat: Dedza Pottery, ein nettes Camp bei einer Keramik – Töpferei gelegen. So gibt‘s wieder mal einen „berndeutschen“ Abend, was uns auch gut tut 😉
Von dort aus fahren wir durch Teeplantagen zum Mt. Mulanje, mit 3000m der höchste Berg in Malawi. Wir wollen ihn allerdings nicht besteigen, machen aber eine kleine Wanderung zu einem einsamen Wasserfall mit schönen Badepool. Es ist eine tolle Gegend mit Wäldern und senkrecht aufsteigenden Felswänden, dazwischen fliesst ein klarer Bach und es bilden sich immer wieder kleine und grössere Pools, die auch von den Einheimischen zum Baden und Kleiderwaschen genutzt werden. Nach zwei Tagen fahren wir weiter, erst über eine holprige Strasse – obwohl im Reiseführer steht, sie sei im Jahr 2009 geteert worden (aber in Afrika dauert halt alles etwas länger)
– um schliesslich auf‘s Zombaplateau zu gelangen, einem weiteren Bergmassiv etwas südlich des Malawisees gelegen. Rauf führt eine schmale Teerstrasse, aber oben herum gibt‘s dann nur noch eine ausgewaschene Offroadpiste. Leider bietet sich an den toll gelegenen Aussichtspunkten kaum ein Fotomotiv: alles ist rauchig verhangen vom grossflächigen Abbrennen der Felder und Wälder hier! Dafür finden wir einen schönen und ruhigen Platz zum Übernachten. Und rundherum sind die Sträucher erst noch voller orange-farbenen(!) Himbeeren hier! Das gibt ein feines Dessert und sogar noch Konfitüre…
Der nächste Morgen bringt uns dann zwei unan-genehme Überraschungen auf der Umrundung des Plateaus: erst mal müssen wir einem tiefhängenden Ast ausweichen und fahren dabei im weichen Untergrund in ein tiefes Erdloch, sodass wir den Cruisie nur mit Hilfe des Seilzugs wieder befreien können.
Kurz vor Ende der Rundfahrt liegen dann auch noch zwei umgefallene Bäume quer über der Strasse, wo es keine Um-fahrungsmöglichkeit mehr gibt: wir müssen den ganzen Weg wieder zurückfahren! So können wir die fast zweistündige Offroad-Rundfahrt gleich noch einmal geniessen… Als Abschied vom Malawisee haben wir uns Cape Maclear ausgesucht.
Es liegt auf einer breiten Landzunge und ist von mächtigen Felsen umgeben, wo man gut schwimmen und schnorcheln kann. Kölbi sticht sofort ein toller Platz auf einem der Felsen zum campieren ins Auge. Nachdem die Managerin ihr ok gegeben hat, erklimmt er (wohl als erster überhaupt!) mit unserem Cruisie diesen steilen Felsen, von wo wir einen tollen Blick über die ganze Bucht geniessen können! Das ganze Camp wundert sich hinterher, wie wir mit unserem Auto da rauf fahren konnten…?! Tja, meint Kölbi, gekonnt ist gekonnt 😉
Wir lernen eine nette amerikanische Familie kennen, die hier gerade eine Auszeit&Standortbestimmung von ihrer Arbeit geniesst. Ihre Geschichte stimmt uns wieder einmal sehr nachdenklich: der Mann ist Chirurg und sie haben sich für fünf Jahre verpflichtet, hier in Malawi in einem grossen Missionsspital Afrika und seinen Menschen etwas Gutes zu tun und Leute auszubilden. In Malawi gibt es nur gerade 8 Chirurgen (also viel zu wenige)! Er ermöglichte einem Malawier einen Ausbildungsplatz in den USA, von wo dieser aber wegen mangelhafter Arbeitsein-stellung(!) wieder nach Hause zurück geschickt wurde…(!) Seitdem unternimmt derjenige aus Rache nun alles, um alle Amerikaner aus dem Spital weg zu diskreditieren; mit Hilfe der Krankenschwestern hat er eine richtige Rufmordkampagne angezettelt und den beiden amerikanischen Ärzten werden die unmöglichsten Sachen vorgeworfen. So sind sie nun im Dilemma: wollen wir der Bevölkerung helfen und/oder müssen wir uns solche Dinge vorwerfen lassen? Was machen wir hier eigentlich? Wir haben ähnliche Geschichten schon mehrmals gehört: sobald die Einheimischen ein bisschen was gelernt haben, werden viele arrogant und wollen sich von Weissen kaum mehr was sagen lassen. Sie denken, sie bräuchten ihre Lehrer nicht mehr und begehen dabei fahrlässig die gröbsten Fehler, was gerade im Gesundheitswesen schnell mal tödlich enden kann. Und nachher ist dann wieder der weisse Lehrer schuld…. auch eine Art von Rassismus! Auch wir fragen uns wieder einmal mehr, was wir denn hier eigentlich machen auf diesem Kontinent… wir sind an einem wunderschönen Ort und können ihn trotzdem nicht geniessen. Das Drumherum stimmt einfach nicht: wir bewegen uns die meiste Zeit in einem „weissen“ Vakuum; der Kontakt mit Einheimischen gestaltet sich sehr schwierig, weil wir von 99% der Leute nach spätestens fünf Minuten um Geld angebettelt werden. (Meist allerdings schon gleich im ersten Satz: sehen wir wirklich aus wie wandelnde Bankautomaten???) Dazu kommen all die ungelösten, häufig aber selbstverschuldeten Probleme dieses Afrikas, das so viel Hilfestellung und Geld von aussen bekommt und doch den Weg nicht findet, sondern lieber dasitzt und seine Hand aufhält.
Muss ich nun bereits eine Rassismusklage in der Schweiz befürchten mit solchen Aussagen? Aber dieses ganze Thema bewegt uns sehr und wir haben bereits etliche Bücher darüber gelesen und auch vieles hier vor Ort gesehen und gehört. Unsere Diskussionen kreisen immer wieder um dieses gleiche Thema, auch mit anderen Reisenden. Irgendwie ist der eingeschlagene Weg (auch der Entwicklungshilfe) der Falsche, aber eine andere Lösung sehen wir auch (-noch?) nicht… ganz zu schweigen von der Bevölkerungsexplosion, die hier anscheinend von niemandem thematisiert wird, obwohl doch gerade Nahrungsmangel und das erschreckende Ausmass der Abholzung evident damit zusammen hängen. Müsste man wirklich Afrika den Afrikanern überlassen, wie es so oft von ihnen gefordert wird?
Aber ich bin überzeugt, dass dann alles noch viel schrecklicher würde hier. Das Geld wäre wohl auf noch weniger Leute und Familien konzentriert und was mit dem Rest der Afrikaner geschähe, wäre diesen wohl so egal wie es ihnen heute schon ist… (oder: zu sein scheint; um schweizerisch-korrekt zu bleiben)! Wir geben die Diskussionen auf und beschliessen weiter zu fahren. An unserem letzten Abend am See rutsche ich auf einem glitschigen Felsen noch ganz dumm aus und schlage heftig mit dem Kopf auf. Wahrscheinlich fange ich mir eine leichte Hirnerschütterung ein, denn die nächsten Tage ist mir häufig übel und schwindlig und ich nehme alles nur wie durch einen Schleier wahr. Der Grenzübertritt nach Mosambik ist einer der einfachsten und speditivsten, sogar die Autoversicherung bekommen wir gleich vom Zöllner.
Uns fällt sofort auf, dass die Mosambikaner ein sehr fröhliches, aufgewecktes Volk sind – ob das wohl mit den Portugiesen zusammenhängt, die das Land kolonisiert haben? Kann sich die Mentalität dermassen übertragen? Die Landessprache ist portugiesisch, so versuche ich es mit den Überresten meines vor vielen Jahren erlernten Spanischs, – und mit etwas Kreativität klappt dann auch die Verständigung 😉 Wir fahren durch eine hügelige Landschaft mit vielen Spitzkegeln, die sich in starkem Kontrast abheben von all dem flachen Land rundherum. Es ist Ende Trockenzeit und die Bäume und Sträucher stehen noch ohne Blätter da. Auch hier werden grosse Flächen abgebrannt und abgeholzt, was sehr trostlos aussieht. Am dritten Tag erreichen wir die Küste bei Quelimane, finden hier „unseren Traumstrand“ jedoch nicht. Also geht‘s weiter durchs Inland um den Gorongosa-Nationalpark herum, wo uns ein heftiger Regenguss das frühe Ende der diesjährigen Trockenzeit ankündigt.
Bei Vilankulo treffen wir dann auf den touristisch erschlossenen Teil Mosambiks. Wir quar-tieren uns im Baobab-Backpackers ein, wo wir die freundliche Atmosphäre und die tolle Aussicht über den weiten Strand schätzen. Vor allem bei Ebbe kommen viele Sandbänke zum Vorschein, zusammen mit den Dhows (den traditionellen Fischerbooten) und den Kokospalmen erfüllt es alle Klischees eines Traumstrandes! Zusammen mit drei spanischen Volontärinnen unternehmen wir nach ein paar Tagen einen Schnorchelausflug zur vorgelagerten Margaruque-Insel. Wir lassen uns von der Strömung einem Felsenriff entlang treiben und wie in einem Film zieht die Unterwasserwelt an uns vorbei.
So viele Fische, so viele Farben und Formen! Während wir uns im Wasser tummeln, kocht die Bootscrew ein leckeres Mittagessen für uns, auf das wir uns nach all dem anstrengenden Schnorcheln hungrig stürzen… Auf dem Rückweg wird dann das Segel gehisst und mit einer steifen Brise geht‘s zurück zum Festland. Den Abend beschliessen wir mit den jungen Spanierinnen und weiteren Gästen bei frisch gekochten „Spaghetti al vongole“. Wenn man so junge, nette und hübsche Mädels um sich hat, zieht das immer gleich auch die Jungs der Umgebung an und so haben wir einen lustigen, feucht-fröhlichen Abend bei unserem Cruisie… 😉
Und ich kann erst noch profitieren, da Isabel als Physiotherapeutin sich um meinen Unfall-Fuss kümmert. Ihre Massagen tun meinem immer „gstabiger“ (steifer) werdenden Gelenk voll gut! Leider müssen die drei Girls in der folgenden Nacht wieder nach Maputo zurück fahren. Eigentlich wollen wir es ihnen gleichtun und weiterziehen, bleiben dann aber doch noch einen Tag länger – und zum Glück:
an diesem Abend stehen plötzlich Bill&Christine vor uns, die zwei Südafrikaner, die wir nun schon mehrmals getroffen haben… – Was für ein Wiedersehen! Da können wir natürlich noch nicht weg 😉
Spontan unter-nehmen wir zu-sammen einen Bootsausflug zur weiter entfernten Bazaruto-Insel, wo wir beim berühmten „Two-Mile-Reef“, einem Korallenriff und Taucherparadies, schnorcheln dürfen. Leider hat es einen recht hohen Wellengang und so fühlen sich die
wenigsten von uns wirklich wohl im Wasser. Dafür sind die Dünen auf Bazaruto dann umso eindrucksvoller, es ist wirklich eine Traumstrand-Landschaft hier! Auf dem langen Rückweg weht dann leider keine Brise zum Segeln und wir müssen alles per Motor zurücktuckern, was uns wie eine Ewigkeit vorkommt… Wenigstens können wir unterwegs den Fischern noch ihren Fang abkaufen; zu so günstigen Preisen, wie ich sie am Festland auch mit hartnäckigstem Feilschen nie gekriegt habe…! Der nächste Tag bringt Regen und auch am folgenden Tag hängen die Wolken tief und so brechen wir unser (Schatten- und nicht Regen-!) Zelt hier ab und fahren zu den Stränden von Inhambane. Beim Leuchtturm von Barra haben wir einen Campingplatz nur für uns allein mit tollem Ausblick über die ganze Bucht.
Am nächsten Tag gesellen sich dann glücklicherweise auch noch Chris und Micha zu uns, deutsche Reisende mit einer ähnlichen Kabine wie wir. Wir verbringen eine gute Zeit zusammen und beschliessen spontan, auch den nächsten Etappenort zusammen zu erkunden. Wir finden einen netten Campingplatz inmitten der Lagunen bei Quissico, wo ich wieder einmal aus-giebig schwimmen kann. Im Meer ist das hier nicht mehr möglich, da die Brandung viel zu stark ist.
Ich getraue mich nicht mal mehr zum Baden, solch hohe Wellen und reissende Unterströmung hat es! Dann heisst es Abschied nehmen von Mosambik: nach einer letzten einsamen Nacht am Massingir-Staudamm fahren wir durch den grenzübergreifenden Limpopo-Nationalpark nach Südafrika und direkt in den Krügerpark rein. Auf mosambikanischer Seite sehen wir kaum Wildtiere, was uns nicht weiter verwundert bei all den Menschen und Kühen, die sich mitten im Nationalpark angesiedelt haben… typisch Afrika! Aber wir werden nun ja zurück in die „moderne Welt“ kommen und unser Leben wird wieder einfacher und problemloser werden, sobald wir an der Grenze zu Südafrika stehen…. – denken wir zumindest. Denn es ist wie so oft im Leben: „..denn meistens kommt es anders als man denkt…!“ Aber davon im nächsten Bericht…. 😉