Endlich wieder auf Reisen…! Ein schönes Gefühl, nach über zwei Monaten Verschiffungszeit nun wieder in unserem Cruisie zu sitzen und die Landschaft vorbeiflitzen zu sehen! Wir geniessen es in vollen Zügen 😉
Unsere erste Fahrt führt uns nach Nordosten, alles der Küste entlang, vorbei an grossen Lagunen. Die flache Landschaft wird immer trockener und karger, bis wir am späten Nachmittag endlich die hohe Bergkette der Sierra Nevada vor uns auftauchen sehen. Nirgendwo sonst auf der Welt reichen so hohe Berge (über 5000 Meter hoch) so nahe ans Meer… die Gipfel sind alle wolkenverhangen, hier ist es wieder tropisch grün. Wir fahren am Tayrona Nationalpark vorbei bis nach Naranjos, wo wir unser Lager im „Los Angeles“- Camp am Strand aufschlagen. Die nächsten Tage müssen wir uns dann erst mal wieder „häuslich“ einrichten und unsere Habseligkeiten neu ordnen und einräumen – und Kölbi ist damit beschäftigt, alle möglichen elektrischen Kontakte auszubauen, zu reinigen und schleifen und danach wieder zusammen zu setzen…
alle Kupferschalterteile sind korrodiert und funktionieren nicht mehr: Blinker, Licht, Hupe, Makita-Schrauber, Bosch-Schrauber, Innenbeleuchtung… wenigstens versagt unsere Engel-Kühlbox ihren Dienst nie und so haben wir abends immer ein kühles Bier um den Ärger runterzuspülen!
Jede Nacht regnet es heftig und einmal tobt ein Gewitter um uns herum, wie wir es beide noch nie erlebt haben. Der Himmel wird hell erleuchtet von all den Blitzen und krachend schlägt der Donner nach Sekundenbruchteilen aufs Trommelfell. Das wird sogar mir zuviel, wo ich doch sonst so ein Gewitter – Fan bin…! Tagsüber ist es meist wolkenverhangen und die Wellen im Meer sind mir zu brachial um baden zu gehen – dazu warnen Schilder vor gefährlichen Unterströmungen… Irgendwie kommt bei uns kein richtiges Karibik – Feeling auf hier, obwohl wir von tropischen Pflanzen und wunderschönen Blumen umgeben sind. Hinzu kommen noch lästige Sandfliegen mit ihren juckenden Stichen…
Nach nur wenigen Tagen brechen wir auf und fahren ins Inland, den Bergen entgegen. Nach zwei Tagen Fahrt erreichen wir südlich von Bucamaranga den Chicamocha – Canyon. Hier sind etliche Attraktionen zu einem Touristen – Park aufgebaut worden, darunter eine Seilbahn, die das ganze Tal überspannt. Diese gemütliche Fahrt lassen wir uns nicht entgehen und auch den Aussichtsberg erklimmen wir und geniessen das herrliche Wetter und das Panorama.
Auf der Weiterfahrt geht‘s wiederum Berg auf- und ab, unbeschreiblich wieviele Kurven wir in diesen Tagen (- und wohl die nächsten Wochen und Monate!) fahren, immer enger und steiler werden die Täler. Wir befinden uns in den Kordilleren, den Anden! Einmal können wir beobachten, wie sich unten im Tal die Velo – Kids waghalsig an einen Lastwagen hängen und sich von ihm den Pass hochziehen lassen, um danach in halsbrecherischer Fahrt wieder runter zu rasseln…
hoffentlich funktionieren die Bremsen dann auch! Überhaupt zeigen viele Kolumbianer – allen voran die kopflosen Busfahrer – einen Hang zu unkontrolliertem Risiko beim Überholen in unüberschaubaren Kurven 😉 Als dann aber auch Kölbi mal bei einem (kontrollierten!) Überholmanöver die doppelte Sicherheitslinie ignorierte, wurde dies ausgerechnet von einer Polizistin beobachtet, die uns dann auch prompt aus dem Verkehr zog… glücklicherweise erschien ihr der Papieraufwand bei einem ausländischen Fahrzeug
wie dem unseren dann doch zu gross und sie verabschiedete sich mit dem Rat an mich, meinen Mann doch künftig vor dem Überholen ein wenig am Ohrläppchen zu zupfen… – ob das helfen wird??
Unterwegs stehen immer wieder Einheimische und halten kleine Plastiksäcke mit dunkelbraunen Kügelchen hoch um sie uns Autofahrern zu verkaufen. Was das wohl sein mag? Ein bisschen wenig für Kaffee… und zu grosse Kugeln… – es sind Hormigas, dicke, fette Riesenameisen, die geröstet und gesalzen angeboten werden! Sie schmecken nussig – speckig, gar nicht mal so schlecht als proteinspendender Snack 😉 Aber auch sonst geniessen wir das feine Essen hier überall – und es gibt’s erst noch zu unschlagbaren Preisen!
Wir besuchen auch einen Park, in dem die Bäume alle wie mit Weihnachtslametta behangen sind. Es sieht ganz märchenhaft aus, zuhause verwenden wir diese „Fäden“ in Blumensträussen. Wir entdecken auch ausserhalb des Parks noch etliche dieser fadenbehangenen Bäume.
Ein kurzer Abstecher führt uns nach Barichara, einem alten Kolonialstädtchen mit urigem Kopfsteinpflaster und steilen Gassen. Wir finden einen ruhigen Übernachtungsplatz hinter der Kirche und geniessen das Flanieren im Sonnenschein.
Es sollte unser letzter wirklich warmer und sonniger Tag für lange werden – glücklicherweise wissen wir das zu dem Zeitpunkt noch nicht 😉
Durch spektakuläre Täler und über weite Hochmoore fahren wir nach Villa de Leyva,
leider zieht sich der Himmel immer mehr zu und gerade als wir durch eine Schlucht fahren entlädt sich ein heftiges Gewitter. Im Kolonialstädtchen fragen wir uns zum etwas ausserhalb gelegenen Renacer-Guesthouse durch, wo wir im hübschen
Garten parkieren dürfen. Da wir ein paar Tage bleiben wollen, spannen wir auch gleich unser Vorzelt auf und schon bald fühlen wir uns wie zuhause in diesem netten Gästehaus. Wir verbringen die Zeit mit Plaudern,
Wandern und Radfahren, erkunden die Umgebung und schauen uns die gut erhaltenen alten Häuser an, die zum Teil Boden- und Wandverzierungen mit versteinerten Ammoniten und sogar Rinderknochen haben. Hier gibt es auch eine Ausgrabungsstätte mit einem Sonnenkalender und Grabstätten aus der Vor-Inka-Zeit zu sehen. Nach und nach treffen auch immer mehr Overlander ein, so dass wir unsere Weiterfahrt noch um einen Tag verschieben. Aber irgendwann werden wir der all-nachmittäglichen Regenschauer überdrüssig und fahren weiter.
Über abenteuerliche Bergsträssli durch Kuhweideland (fast wie in der Schweiz) fahre
wir nach Zipaquira. Hier besuchen wir nach einer Nacht auf einem öffentlichen Parkplatz am nächsten Morgen die Salzmine mit der unterirdischen Kathedrale. Eindrücklich, wenngleich ich mir alles in strahlendweissen Salzkristallen vorgestellt habe… in der Realität aber ist das Salzgestein dunkelgrau. Weiss kristalliert wird es erst nach Kontakt mit Luftfeuchtigkeit, wie wir an der Eingangswand eindrücklich gezeigt bekommen.
Nach der Führung fahren wir gleich weiter, an Bogota vorbei, das wir ja bereits während unserer „autolosen Zeit“ besucht haben und gelangen vom Hochplateau runter Richtung Magdalena – Flusstal. Mit jedem Höhenmeter den wir runterkommen werden die Temperaturen angenehmer und schon bald scheint auch die Sonne durch die Wolken. Durch eine enge Schlucht erreichen wir die Tal-Ebene und erfreuen uns erst mal an der Wärme hier unten.
Auf meiner Karte habe ich überdies eine Abkürzung zur Tatacoa-Wüste entdeckt… nun ja, wir müssen die Einfahrt dazu erst mal suchen und Kölbi misstraut schon der ersten Brücke gleich zu Beginn… glücklicherweise (?) kommt uns grad ein Laster entgegen, also kann‘s ja kaum so schlimm sein mit dem Weg! Tja, die Strasse entpuppt sich als ausgewaschener Fahrweg, der sich der alten Eisenbahn-Tunnels und -Brücken bedient 😉 Wir kommen nur sehr langsam voran, erreichen die Tatacoa-Wüste an diesem Tag also nicht mehr und übernachten gleich an der Strasse im Grünen.
Wir geniessen die schöne Abendstimmung und kochen uns noch was, schauen den vielen Glühwürmchen zu – und realisieren an diesem Abend noch gar nicht so recht, dass es uns immer mehr an allen möglichen Stellen juckt. Und zum Schlafen haben wir ja unser Bett Moskitodicht installiert – denken wir zumindest. Doch diese Plagegeister hier sind so winzig klein, dass
am nächsten Morgen unser „Schlafzimmer“ mit lauter schwarzen, sich bewegenden Punkten übersät ist… und wir sehen aus, als ob wir die Masern hätten! Die nächsten Tage sind unsere Hände immer voll beschäftigt: kratz, kratz…
Die Tatacoa-Wüste ist eine Erosionslandschaft und hat mit unserem Verständnis von Wüste nicht viel gemein. Rundherum ist es grün, also muss es auch ab und zu regnen. Wir entdecken ein extravagant gelegenes Schwimmbad mitten im Canyon und übernachten gleich da in der Nähe.
Zu Fuss erkunden wir die verschiedenen Erosionstäler und kühlen uns danach im Piscina ab. Eine wunderschöne Gegend! Leider weckt uns der nächste Tag mit dem Hämmern von Regentropfen auf unserem Schlafzimmerdach und so fällt uns die Entscheidung weiterzufahren etwas leichter.
Wir haben von Thermalbädern in der Nähe gelesen… genau das Richtige bei Regenwetter! In Rivera fahren wir bis zum obersten „Los Angeles“-Bad, das traumhaft in den Regenwald eingebettet ist. Das heisse Wasser kommt direkt aus dem sandigen Boden und befreit uns erst noch von unseren Juckreiz – wenigstens für die nächsten paar Stunden!
Leider dürfen wir nicht beim Bad übernachten und da es noch vormittags ist und uns der Ort ansonsten nicht sehr gefällt puttygen ssh , fahren wir weiter bis nach San Agustin, hoch oben in den Bergen gelegen. Rund um den Ort befinden sich mehrere Ausgrabungsstätten mit guterhaltenen Steinfiguren aus der Vor-Inka-Zeit. Wir übernachten oben auf einem Hügel bei einem
Schweizer Hostel im Garten. Die Berge sind wolkenverhangen, feiner Nieselregen hält uns vom Wandern ab. Spontan schliessen wir uns zwei Spaniern an, die eine Jeeptour durch die Gegend gebucht haben. Gute Entscheidung!
Die Schotterstrassen sind extrem schmal und steil und es geht Hügel rauf und runter, vorbei an imposanten Wasserfällen und zu mehreren Ausgrabungsstätten, die wir alleine wohl kaum alle besucht hätten.
Und gegen Mittag klart erst noch der Himmel auf und wir geniessen schönsten
Sonnenschein! Unterwegs besuchen wir auch eine Zuckerrohrfabrik, wo sie den Saft zu „Panelas“ einkochen, Blöcken von natürlichem Rohrzucker. Die Arbeiter erklären uns, dieser sei viel gesünder als normaler Zucker, was ich zwar bezweifle, aber ich kaufe ich ihnen trotzdem einen Block ab. Schmeckt fast wie Carameltäfeli und süsst in Zukunft unseren Tee und meine selbstgemachte Konfi.
Am nächsten Tag wandern wir dann durch die Ausgrabungen von San Agustin selber, wo auch eine interessante Fluss-Opferstätte zu sehen ist und unzählige Steinfiguren. Irgendwie schade, dass man so wenig über diese Kultur weiss…
Unsere nächste Station ist Mocoa, am Rande des Amazonas -Tieflands gelegen. Bei unserer Ankunft regnet es wieder mal in Strömen. Dafür begrüsst uns der nächste Tag mit Sonnenschein und wir machen uns auf eine Wanderung ans Ende der Welt (fin del mundo), so heisst ein Wasserfall in der Nähe, von dem aus man weit in die Urwaldebene hinausblicken kann. Der Weg dahin entpuppt sich als steiler Lehmpfad, dem der gestrige Regen arg zugesetzt hat. Aber die Wasserfälle sind toll!
Das finden auch unzählige Kolumbianer, die sie an diesem verlängerten Wochenende mit uns zusammen besuchen 😉 Habe ich schon erwähnt, dass die Kolumbianer wohl die freundlichsten und hilfsbereitesten Leute weit und breit sind?! Überall fragt man uns nach dem woher und wohin, offeriert uns Früchte und erkundet sich nach unserem Wohlbefinden…
Zurück beim Auto nehme ich dann ein erfrischendes Bad im Fluss nebenan und kann dabei gleich noch die Wanderschuhe vom Lehm befreien. Wir beobachten kleine Äffchen, Papageien und fleissige Blattschneideameisen – das Amazonasgebiet ist wohl wirklich nicht mehr weit!
Wiederum bei regnerischem Wetter machen wir uns auf Richtung Inland. Die ungeteerte Strasse windet sich steil hoch in die Berge, innert kürzester Zeit sind wir auf fast 3000m Höhe. Schade, dass wir keine Aussicht haben! Immer weiter in die Kordilleren hoch reiht sich Kurve an Kurve,
bis es uns fast schwindlig wird… oben breitet sich dann die Ebene von Sibundoy aus, einem kleinen Ort, der berühmt ist für seine Schamanen und Heil-Kräuter und -Zeremonien.
Da wir uns aber gesund und munter fühlen, fahren wir weiter und stoppen erst an unserem
Tagesziel, beim Chalet Guamuez an der Laguna La Cocha, das ganz offensichtlich mal einem Schweizer Hotelier gehört hat: in der Gaststube hängen nebst einem Paar Holzski auch noch die alten bedruckten Stoffkalender aus der Schweiz!
Geboten wird eine feine Küche mit frischen und geräuchten Forellen (nebst dem obligaten Käsefondue) und ein Service fast wie zuhause. Wir lassen es uns wieder einmal gut gehen… Danach muss ich doch gleich einen Verdauungsspaziergang durch die schöne Gegend unternehmen! Hier werden die berühmten „Moras“ angebaut, grosse Brombeeren. Bei einem Hof halte ich an um ein Kilo zu kaufen und darf mit der Bäuerin gleich selber mit pflücken gehen. Sie schmecken zwar recht sauer, aber zu Konfitüre verarbeitet werden sie in Farbe und Geschmack eher wie Himbeerkonfi – lecker!
Den ersten Teil unserer Kolumbienreise beschliessen wir in Lajas. Dort haben die Einwohner nach einer Mariensichtung im Flusstobel eine imposante Kathedrale an ebendieser Stelle erbaut und damit einen spektakulären Wallfahrtsort begründet. Überhaupt fallen uns die vielen Marien- und Virgen(Jungfrau)- geweihten Kirchen hier in Südamerika auf – ob damit wohl nicht eher die Pachamama, die heilige Mutter Erde der Indigenas, gemeint und verehrt wird?? Auch wir statten der Kirche einen kurzen Besuch ab und erhoffen uns dadurch eine problemlose Einreise in unser nächstes Reiseland, das wir noch gleichentags ansteuern: Ecuador
Kolumbien hat uns – ausser dem Wetter 😉 – sehr gut gefallen und wir freuen uns bereits jetzt darauf in etwa einem Jahr auch noch den westlichen Teil dieses freundlichen Landes besuchen zu dürfen.