Die Grenzformalitäten nach Ecuador sind schnell erledigt, einzig das Abschliessen der Autoversicherung dauert etwas länger… aber auch nur, weil gerade eine Liebesserie im Fernseher läuft und die nette Dame immer wieder mitverfolgen muss, was gerade gespielt wird 😉 Dafür kostet ein Monat dann auch nur 6 US$! Seit einer Inflationskrise hat Ecuador die eigene Währung aufgegeben und wirtschaftet seither mit dem Dollar. Und da wir ja Dollars dabei haben brauchen wir an der Grenze nicht mal zu wechseln, – denken wir… Schnurstracks geht‘s zur nächsten Tankstelle, denn dies ist ein weiteres Plus in Ecuador: ein Liter Diesel kostet knapp 40 Rp! Und doch können wir nicht bezahlen: weil man uns in Afrika immer nur die grossen Scheine wechseln wollte, haben wir jetzt nur noch solche dabei… – aber hier in Ecuador werden aus Angst vor Fälschungen nur kleine Scheine akzeptiert! Also müssen wir nochmals zurück zur Grenze fahren und unsere grossen Dollarnötli – mit Verlust natürlich! – gegen kleinere tauschen…
Mit allem ausgerüstet können wir nun endlich unsere Fahrt nach Otavalo starten. Die Strasse führt durch imposante Berglandschaft ins Tal hinunter. Über eine Stunde kurven wir hin und her bis die Talsohle erreicht ist. Etwas ausserhalb Otavalos quartieren wir uns auf dem verwaisten Campingplatz eines Amerikaners ein, der mit seiner Frau ein Hostel in der Stadt führt. Er erzählt uns am ersten Abend ein wenig von Land und Leuten, was sehr informativ und interessant ist. Seit Correa Präsident sei, befinde sich das Land im Aufschwung. Er hat mit der Korruption aufgeräumt und investiert viel Geld in den Aufbau der Infrastruktur, was wir an den guten Strassen bald einmal erkennen können. Seine Gegner kommen vor allem aus der Oberschicht und einem Teil der Kirchenoberen. Er treibt viel intensiver Steuern ein als in allen umliegenden Ländern – irgendwoher muss das Geld ja kommen! Aussagen wie „Hitler Südamerikas“ haben wir deshalb in
erster Linie von Wohlhabenden gehört. Viele der einfachen Leute verehren ihn, auch stärkt er die Rechte und die Bildung der Indigenas, der alteingesessenen Einwohner. Während unserem Aufenthalt hier spielt sich auch gerade die „Snowden-Affäre“ ab und wir wundern uns doch sehr über die amerikanische Kampagne gegen den „ultralinken“ Correa… wir bekommen eher den Eindruck eines sehr um sein Land besorgten Präsidenten, der alles für den wirtschaftlichen Aufschwung tut und gleichzeitig seine Landsleute mit riesigen Plakaten für den Umweltschutz sensibilisieren will! Dass er daneben aber auch Erdölpipelines durch den Amazonas verlegen lässt, hinterlässt ein eher zwiespältiges Gefühl. Und die omnipräsenten Werbetafeln entlang der Strassen, auf denen er für seine Politik und Taten wirbt, sind wohl gute Wahlkampfpolitik… 😉 Aber im Vergleich zu den häufig wechselnden Regierungen vor ihm (bis zu 3 pro Jahr!), macht er in meinen Augen doch einen guten Job!
Wir geniessen zwei Tage Sonnenschein in Otavalo, backen Brot (nachdem ich in der Bäckerei zwei „Vollkornbrötli“ gekauft habe, die aber nur in der obersten Schicht rundherum ein paar Spuren Vollkorn zeigten…) und Kölbi demontiert einmal mehr das Steuerrad um das Auf- und Abblendlicht endlich wieder zum Funktionieren zu bringen. Immer noch Spätfolgen der Verschiffung! Ein Ausflug führt uns zu den Moyandaseen, wo wir eine schöne, wenn auch kühle Wanderung auf knapp 4000müM unternehmen.
Vor der Weiterfahrt besuchen wir auch noch den Vulkankratersee Cuicocha, da es uns dort aber zu touristisch ist, fahren wir zurück auf einer abenteuerlichen Piste bis zu dem
Dorf, wo wir am frühen Morgen schon einen Festplatz erspäht haben und viele Menschen, die sich für den Feiertag herausgeputzt auf dem Weg dorthin befanden.
Fiesta – Zeit: die „Parade“ der ver-schiedenen Dorfgemeinschaften in ihren Trachten ist in vollem Gange. Gruppenweise wird zur Musik getanzt, Frauen tragen Früchte- und Gemüsekörbe auf den Köpfen zur Schau und Hähne werden von stolzen Besitzern durch die Luft gewirbelt…
Nach einem äusserst reichhaltigen Mittagessen auf dem Festgelände fahren wir mit vielfältigen Eindrücken gesättigt weiter.
Kurz nach dem Überqueren des Äquators biegen wir von der Panamericana ab auf eine Seitenstrasse und steigen immer höher in die fruchtbare Bergregion östlich von Quito hinauf. Überall wird Ackerbau betrieben, auch an den steilsten Hängen entdecken wir immer wieder Felder, Kartoffeln werden bis auf 3500müM angebaut! Als sich hinter einer Biegung eine wolkenverhangene Regenwand auftut, beschliessen wir im „sonnigen Teil“ zu bleiben und campieren direkt neben der Strasse. Kurz vor Sonnenuntergang reissen die Wolken für einen kurzen Augenblick auf und geben uns den Blick auf den 5790m hohen,
schneebedeckten Vulkan Cayembe frei. Welch majestätischer Anblick!
Nach einer ruhigen, aber kalten Nacht fahren wir früh weiter und werden mit einer tollen Fahrt durch das Naturschutzgebiet „Cayambe-Coca“ belohnt, dem Wasserspeicher von Quito. Von dem riesigen Hochmoor mit unzähligen Seen wird das Wasser durch grosse Druckleitungen in Ecuadors Hauptstadt (mit über 2 Millionen Einwohnern) gepumpt. Unterwegs entdecken wir zwei Füchse und einen Trupp wilder Hirsche.
Wir sind so früh losgefahren (- und oben war es auch zu kalt), dass wir erst recht spät, schon wieder unten im Tal, frühstücken. Hier befinden wir uns auf einer Verbindungsstrasse von Quito Richtung amazonisches Tiefland – und für einmal haben wir Glück und erwischen einen klaren, sonnigen Tag. Durch urige
Nebelbergwälder geht es in weiten Kehren runter bis auf knapp 400müM, wo wir Jacken und Pullis ausziehen und uns am warmen Klima erfreuen. Welch ein Wechsel innerhalb nur eines halben Tages Fahrzeit! Dies werden wir hier in Südamerika noch öfters erleben, ob auf der West- oder Ostseite der Anden: immer geht es steil runter und innert kürzester Zeit durchquert man ganz unterschiedliche Vegetationszonen.
Die dazugehörige Tierwelt erblicken wir leider – ausser der reichhaltigen Vogelwelt – fast nie, deshalb statten wir einem kleinen Aufzuchtzoo hier einen kurzen Besuch ab. Jetzt weiss auch ich, wie ein Tapir aussieht…
Nach weiteren 170 km zweigt wieder eine Strasse Richtung Anden ab, sie führt das Tal hoch bis nach Baños und trifft dann in Ambato wieder auf die Panamericana. Baños ist berühmt für seine Thermalquellen, die an den Flanken des immer wieder mal aktiven Vulkan Tungurahua entspringen. Den bekommen wir leider wegen der vielen Regenwolken nie zu Gesicht, dafür geniessen wir die entspannenden Thermalbäder umso mehr.
Zwei Tage später fahren wir weiter durch imposante Berglandschaften hoch zum Quilotoa – Kratersee. Der kalte Wind hier oben treibt uns aber schnell weiter und wir übernachten etwas weiter unten im Tal bei Chugchilan.
Der Hostalbesitzer erzählt uns von einer „neuen“ Strasse runter ins Küstentiefland, die wir auch prompt finden… „neu“ heisst hier: frisch ausgebaggert… gut, hat unser Cruisie Vierradantrieb und einen engen Wendekreis! In engen Kehren geht es steil die Berge runter durch faszinierenden Bergnebelwald
– doch oje: weit unten sehen wir schon die dichte Wolkendecke, die während dieser Jahreszeit meist den Küstenstreifen bedeckt und in die wir nun eintauchen. Sie wird „Garua“ genannt, ausgelöst durch den kalten Humboldtstrom vor der Küste bewirkt sie eine trübe Nebelsuppe entlang der Küste. Für die Einheimischen ist das der Winter – und wenn die Sonne scheint, ist es dann halt Sommer… einfach, oder?!
Über eine teilweise übel zerlöcherte Teerstrasse (Correa hat doch noch Arbeit vor sich!) erreichen wir schliesslich gegen Abend das Meer und machen Halt im Touristenort Canoa. Tolle Küste mit Felsformationen, aber da gerade Wochenende ist, kriegen wir in der Nacht vor lauter Bumm-Bumm-Musik der umliegenden Bars kein Auge zu und fahren am nächsten Morgen schon weiter.
Unseren Frieden finden wir dann in einem kleinen Fischerort, wo zwar auch gerade Fiesta ist, aber alles viel gemütlicher abläuft. Wenn es nicht so wolkenverhangen wäre, sähen die endlosen Strände hier sicher paradiesisch aus…!
Die Einheimischen erzählen uns, dass die Chance auf Sonne im Süden leicht besser wären, deshalb fahren wir runter bis Salango, wo wir von einem tollen Campingplatz eines Schweizers gehört haben. Und tatsächlich zeigt sich die Sonne immer mehr, je näher wir Puerto Lopez und Salango kommen. Gut, dass wir gleich noch ein paar Fotos schiessen, denn die nächsten fünf Tage, die wir dort verbringen, sind wieder wolkenverhangen… 🙁
Der Schweizer Besitzer des Platzes ist leider auf Heimaturlaub, dafür treffen wir auf andere Schweizer Reisende mit eigenen Fahrzeugen und so vergeht die Zeit mit Plaudern und Infos austauschen – trotz dem Wetter. Und ausserdem können wir von dem erhöht über einer Bucht gelegenen Platz erst noch Buckelwale beobachten, die hier überwintern um dann im Sommer wieder in die Antarktis zu ziehen. Ein faszinierendes Erlebnis!
Und da Martina&Michi uns erzählen, dass sie in Las Playas weiter im Süden meist Sonnenschein hatten, ist unser nächstes Tagesziel nach 5 grauen Tagen hier auch schon gesetzt… Und wirklich scheint da die Sonne und animiert uns sogar noch zu einem Bad im Meer… es wird wohl das letzte sein, bis wir dann irgendwann Brasilien erreichen werden, denn ab hier südlich bestimmt der kalte Humboldtstrom die Wassertemperatur!
Quer durch die Hafenstadt Quayaquil fahren wir durchs fruchtbare Sumpf-Küstenland, vorbei an Häusern auf Stelzen. Es erinnert uns ein bisschen an Kambodscha…
Schon bald aber ist der Anden-Anstieg erreicht, kurz darauf fahren wir in dickstem Nebel und erklimmen Kurve um Kurve einen Höhenmeter nach dem andern. Der Nebel ist beängstigend dick, was das Überholen der langsamen Laster bergauf recht gefährlich macht. Aber schliesslich begrüsst uns heller Sonnenschein und wir haben‘s geschafft. Wir befinden uns bereits wieder auf fast 3000müM, also suchen wir uns schleunigst ein Übernachtungsplätzchen. In einem schmalen Seitental an einem Bach werden wir fündig und es hat sogar noch genug Brennholz für unser abendliches Feuer rumliegen.
Die Sonne weckt uns frühmorgens, es verspricht ein klarer Tag zu werden… also nichts wie los! Die Strasse windet sich endlos das Tal hinauf und ganz oben, fast auf Passhöhe bekommen wir den schneebedeckten Vulkan Chimborazo zu Gesicht. Irgendwie faszinieren uns Schweizer die Schneeberge halt überall auf der Welt… 😉
Im kleinen Bergstädtchen Alausi machen wir Mittagshalt. Hier feiern sie heute, am 29. Juni, San Pedro, ihren Stadtheiligen, mit einem grossen Umzug, Musik und Fest. Von allen umliegenden Dörfern strömen Menschen herbei und feiern ausgelassen mit.
Doch bevor es allzu wild zu und her geht, verlassen wir das Fest wieder und fahren noch bis Cuenca, das uns mit strömendem Regen empfängt. Nach einer kurzen Stadtbesichtigung fahren wir anderntags ins Nachbardorf Baños, wo wir den Nachmittag in warmen Thermalquellen
verbringen.
Weiter geht‘s Richtung Süden nach Loja, über tolle Berglandschaften und durch tief eingeschnittene Täler. So langsam erscheint uns die Vegetation karger, trockener. Vor allem tief unten in den Canyons herrscht fast wüstenartiges Klima, hier scheint kein Tropfen Regen je die Erde zu erreichen. Aber sobald wir die Bergrücken erklimmen, hat es wieder Wolken aus denen feiner Nieselregen sprüht… dabei soll(te) hier doch die Trockenzeit begonnen haben…
Bei solch einem Aufstieg erblicken wir vor uns zwei vollbepackte Fahrradfahrer, Touristen aus Kanada. Wir fangen mit der jungen Frau ein Gespräch an, er hat davon nichts mitgekriegt und radelt emsig weiter. Als ich ihr deshalb scherzeshalber anbiete, wir könnten sie ein Stück mit rauf nehmen, nimmt sie das Angebot freudig an! Also packen wir sie samt Velo und Gepäck ins Auto und fahren bis zu ihrem Freund vor. Der staunt nicht schlecht! – und noch mehr, als sie ihm verkündet, sie werde mit uns bis auf den Pass mitfahren und dann oben auf ihn warten… wenn das nur keinen Ärger gibt!
Aber sie erzählt uns, sie habe ihm bereits am Morgen angekündigt den Bus zu nehmen, da er eh immer nur auf sie warten müsse… Oben am Pass laden wir sie aus, trinken noch einen Tee zusammen und verabreden uns schon mal für Vilcabamba, wo wir ein paar Tage verbringen wollen. Bei unserem Treffen dort erfahren wir dann, dass es wohl doch etwas Ärger gab, weil sie so weit mit uns mitgefahren ist und er sie erst nach drei Stunden bergauf radeln wiedergesehen hat… 😉
Vilcabamba liegt im Tal der Hundertjährigen: wegen seinem formidablen Klima und gesundem Wasser sollen dort ausserordentlich viele alte Menschen mit über hundert Jahren leben.
Was wir auf der Plaza dann als erstes wahrnehmen, sind die ausserordentlich vielen amerikanischen Aussteiger, die sich hier niedergelassen haben und eine eigene Kolonie bilden. Aber sie haben ja recht, das Tal ist sehr schön gelegen und viel trockener und milder als alles drum herum. Wir bleiben schliesslich fast eine Woche.
Dabei buchen wir auch eine der vielgerühmten Pferdetouren mit Holger puttygen download , einem Einheimischen, der zwei Jahre in Deutschland gelebt hat und sehr gut mit Pferden – und reitunerfahrenen Touristen wie uns 😉 – umgehen kann. Für uns beide ist es ein so tolles Erlebnis in diesen steilen Bergen hoch zu Ross unterwegs zu sein, zu spüren, dass diese Pferde die Berge lieben und auch bergauf am liebsten noch galoppieren würden – dass wir gleich nochmals eine Tour buchen! Beim Absteigen können wir zwar fast nicht mehr gehen vor lauter Knieschmerzen, aber das vergeht jeweils schnell wieder.
So geht unsere Zeit in Ecuador dem Ende entgegen. Wir wollen über eine kleine Bergstrasse von hier direkt weiter in den Norden Perus einreisen. Kaum haben wir Vilcabamba verlassen, fahren wir in Regen rein und kurz darauf geht die neuerbaute Asphaltstrasse wie angekündigt in eine Schotter- und schliesslich in eine äusserst schlammige Baustellenstrasse über… wie man an unserem Auto feststellen kann!
Der Zoll wäre dann eigentlich einfach und schnell erledigt gewesen, doch da auf peruanischer Seite ein frischer Beamte das Einreiseformular fürs Auto zum ersten Mal am Computer ausfüllen muss, dauert dies dann über zwei Stunden bis fast in die Nacht… einmal ist immer das erste Mal!