Bolivien I (15.8. – 4.9.2013)

1 BergeKurz bevor wir LaPaz erreichen, campieren wir gemeinsam mit Tina&Marco und geniessen die tolle Aussicht auf die Bergkette der Cordillera, die sich hinter dem Titicacasee erstreckt. Wir befinden uns auf über 4000 Metern Höhe, mit dem frühen Sonnenuntergang um sechs Uhr kommt auch immer gleich die Kälte, so sind wir schon früh im (dank Bettflasche!) warmen Bett…

Dafür fahren wir am nächsten Morgen frisch ausgeruht nach El Alto, bzw LaPaz rein. El1 LaPaz Alto ist quasi die „Oberstadt“ (oben auf der Ebene gelegen) von LaPaz, das sich in ein breites, wunderschön erodiertes Flusstal zwängt. Sehr spektakulär zum Anschauen, nur leider verkehrstechnisch nicht sehr glücklich gelöst… 2 UmzügeAusserdem ist Freitag, scheinbar ein Festtag und so können wir gerade noch so durch die erste Strassen-3TrachtenSperre durchschlüpfen, bevor sich hinter uns die Barriere schliesst und die Strasse für Fest-Umzüge genutzt wird (natürlich ohne Umfahrung…). Wie wir bereits von anderen Reisenden erfahren haben, ist Bolivien berühmt-berüchtigt für diese Strassensperren, welche auch ein beliebtes Druckmittel der Bevölkerung sind um ihre politischen Forderungen durchzusetzen, wobei diese dann jeweils tage- und wochenlang dauern können. Wie wir an den vielen festlich gekleideten Menschen und den Musikern unschwer feststellen können, handelt es sich heute „nur“ um einen Festakt, der uns aber trotzdem den Weg runter nach LaPaz versperrt…

Wir stecken etwa zwei Stunden im Verkehr fest, versuchen alle möglichen Umfahrungen1 La Paz und müssen x-mal umdrehen in den engen Gassen. Nur gut, dass der Toyota von Tina&Marco trotz seines Motorenproblems soweit läuft, dass wir sie nicht abschleppen müssen, wie wir ihnen offeriert haben – das wäre wohl das totale Fiasko…! Witzig anzuschauen ist jeweils, wie schnell die zierliche Tina aus dem Auto hüpft, die Motorhaube öffnet und mit dem Starterspray „Direkteinspritzer“ spielt um den Motor wieder zu starten, der bei fast jedem Halt abstirbt…!

4 Camp im hotel OberlandKurz vor Mittag erreichen wir schliesslich die Garage des unter Reisenden legendären Schweizers Ernesto Hug, der sich um den angeschlagenen Motor kümmern will. In unserem Cruisie fahren wir dann gemeinsam zum ebenso legendären Hotel Oberland, das zu unserem Erstaunen nicht ober- sondern unterhalb von LaPaz im Mallasa-Viertel liegt. In dessen Parkhof dürfen wir die nächsten paar Tage campieren und dabei die feine Schweizer Küche des Hotels austesten. Natürlich staunen wir bei unserer Ankunft nicht schlecht, als noch zwei andere Autos mit Bernern Nummernschildern da stehen… eines gehört Stefan aus Frutigen und das andere dem Seeländer Hans, mit dem wir schnell mal gemeinsame Bekannte ausfindig machen 😉

1am TiticacaseeWir verbringen die nächsten paar Tage in LaPaz, kaufen ein, gehen wieder einmal zum Zahnarzt, unser Auto bekommt bei Hug den Service verpasst und ich lasse uns neue Sitzkissenbezüge nähen. Zwischendurch machen wir noch einen kurzen Ausflug zum Titicacasee, um ihn auch von der östlichen Seite zu bewundern und geniessen immer wieder das Zusammensitzen und Plaudern mit anderen Reisenden.

Irgendwann haben wir dann aber endgültig genug von der ewigen Kälte… 5 LaCumbre Passund als die Wettervorhersage auch noch einen Kälteeinbruch prophezeit, machen wir uns auf die Socken. Leider zu spät: auf dem LaCumbre-Pass wenig ausserhalb der Stadt auf 4725müM schneit es in immer dickeren Flocken! Wir sind froh um unsere neuen Pneus und kommen noch ohne Probleme drüber. Wie uns Mitreisende später erzählen entsteht kurz danach auch in LaPaz ein riesiges Verkehrschaos und abends wird der Pass ganz geschlossen.

6 runter ins Amazonas-TieflandWir aber sind unterwegs runter ins Amazonas-Tiefland, bei trübem, regnerischem Wetter zwar, aber mit der Hoffnung auf ein wärmeres Klima… was dann allerdings noch über eine Woche auf sich warten liess, aber das wissen wir in dem Moment ja noch nicht 😉7 Camino del muerte

Wir fahren den alten, nicht asphaltierten Strassenabschnitt „camino del muerte“ genannt, der heutzutage vor allem von Mountainbikern und Touristen wie uns befahren wird, was ihm natürlich viel von seiner Gefährlichkeit 8 camino del muertegenommen hat, wenn keine überladenen Lastwagen mehr kreuzen müssen. Ist uns aber auch lieber so, denn am Abend erleben wir dann den wirklich gefährlichen Teil dieser Strasse ins Tiefland runter…

Nach einem einfachen Mittagessen in einem lokalen Beizli gelangen wir nämlich zum wegen Bauarbeiten gesperrten Abschnitt, der nur abends und am Wochenende für den Verkehr geöffnet wird. Es ist Freitagnachmittag, also suchen wir uns ein Plätzchen um Siesta zu halten während der paar Stunden bis zur Öffnung um fünf. Da es immer noch giesst wie aus Kübeln reicht uns ein Tankstellenparkplatz. Um fünf lassen wir dann erst mal den wartenden Pulk aus Lastwagen ziehen und machen uns dann gemütlich auf den Weg, immer ein Auge offen haltend für einen Übernachtungsplatz. 9 richtige TodesstrasseDoch die Strasse windet sich eng am steilen Talhang entlang, so dass kaum Platz fürs Kreuzen bleibt, geschweige denn ein ruhiges Plätzchen. Wir fahren weiter und weiter durch die schlammige Piste, der Regen ist auch nicht wirklich beruhigend, wenn man bedenkt wie leicht diese teilen, losen Hänge ins Rutschen kommen! An einer besonders steilen Stelle lassen sie die Autos sogar nur einzeln durch – wohl, damit bei einem allfälligen Rutsch der Verlust nicht allzu gross wird….?! Dazu wird es immer dunkler und als uns dann auch noch Camions mit Volllicht entgegen kommen, wird es definitiv zu gefährlich. Wir stellen uns direkt am Pistenrand neben ein Gebüsch, nicht ohne vorher noch den Hang über uns abzuchecken…11 Schlammspuren

Da alles schlammig ist, klettern wir direkt von der Fahrerkabine nach hinten und steigen 10 Schlammpistenicht ein einziges Mal aus in dieser Nacht – noch nicht mal am nächsten Morgen, da es immer noch weiter regnet! Oh, sind wir froh um unsere neuen „Mud“-Reifen (Mud=Schlamm), die ihrem Namen alle Ehre machen! Uns kreuzende Lastwagen weichen nämlich inzwischen keinen Zentimeter mehr von der Mittelspur ab, um nicht im Schlamm zu versinken, also müssen wir ihnen ausweichen, was ohne Allrad, Bodenfreiheit und eben guten Reifen wohl unweigerlich im Fiasko enden würde.12 Laster im Schlamm

Erdrutsch

13 RurrenabaqueGegen Abend erreichen wir dann endlich – zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen – unser Ziel Rurrenabaque. Der Ort liegt malerisch am Madidifluss, einem Zufluss des Amazonas und in der Nähe des gleichnamigen Dschungel-Nationalparks Boliviens,13 Mirador unserem eigentlichen Ziel. Aber erst mal suchen wir den Exil-Schweizer Jürg und seinen Mirador-Campingplatz, der von seinem Hügel den ganzen Ort überblickt und traumhafte Sonnenuntergänge hat.

14 Frühstück mit JürgWir lernen Jürg erst am nächsten Morgen kennen, der uns dann aber gleich frische Brötli zum Zmorge mitbringt, – ein Service, mit dem er uns fortan jeden Morgen verwöhnt! Dazu steht ein grosser Swimmingpool zur Verfügung… ein richtiger Wohlfühlplatz. Jürg hat als Brückenbauer schon fast auf der ganzen Welt gearbeitet, weiss viel zu erzählen und will sich nun hier in Rurrenabaque „zur Ruhe setzen“, wobei das bei so einem aktiven, ruhelosen Menschen definitiv der falsche Ausdruck sein dürfte… 😉

15 BootsfahrtWir erkunden den Ort und buchen bereits für den nächsten Tag eine viertägige Tour in die Chalalan-Lodge im Madidi-Nationalpark. Die Hinfahrt besteht aus einer fünfstündigen16 Capibarra Bootstour, auf der wir unsere ersten „Capibarras“ (Wasserschweine) entdecken, das grösste Nagetier der Welt, ein guter Schwimmer und bevorzugte Beute der hier heimischen Jaguare. Daneben sehen wir viele verschiedene Wasser- und Greifvögel, Schildkröten und 17 KaimanKaimane, kleine Alligatoren. Eine faszinierende, neue Welt tut sich uns hier im Dschungel auf, – trotzdem sind wir froh, uns nach den fünf Stunden endlich bewegen zu können und die halbe Stunde bis zur Lodge zu wandern. Dort werden wir mit einem feinen Mittagessen empfangen und nach einer kurzen Siesta gehen wir mit unserem lokalen Führer auf die erste von vielen folgenden Dschungeltouren. 18 DschungelwanderungWir entdecken verschiedene Affen und Wildschweine, die sich hier zu grossen 20 AffenRotten formieren und fast schon eine Plage sind. Nur zu hören kriegen wir allerdings die „Howlermonkeys“, deren eigenartiges Heulen an einen aufkommenden Windsturm erinnert. Dafür sehen wir auf einer Nachttour viele Spinnen, auch eine Tarantel und einige Kröten.

Die Lodge liegt malerisch an einem See, in dem wir baden und schwimmen dürfen – trotz 21 Chalalanseeder Kaimane und Piranhas darin, die die Menschen üblicherweise nicht angreifen… wir haben‘s auf jeden Fall überlebt, trotz einem anfänglich etwas mulmigen Gefühl! Da uns aber die Duschen zu kalt waren, zogen wir das wärmere Bad im See vor…24 Sonnenaufgang

Schnell sind die vier Tage vorbei und schon fährt uns das Boot zurück. Unterwegs haben wir aber noch das Riesenglück am Ufer einen sich sonnenden Jaguar zu entdecken! Wir flippen fast aus vor Freude!

25 Jaguar

Mit auf dem Boot ist einer der Gründer der Chalalan-Lodge, die aus einem Indianerdorf-Projekt entstanden ist. Er erzählt mir viel aus den Anfängen und wie schwierig es heute geworden sei mit dem Gemeinschaftsgedanken und dem Mitspracherecht aller – viele sähen nur noch den Profit und weniger den Enthusiasmus und das Engagement, das es brauche um gegen die stärker werdende Konkurrenz anzukämpfen. Er selber hat sich vom Projekt gelöst und sein eigenes Unternehmen gegründet, wo nur noch er und sein Partner das Sagen hätten. Für uns ist das alles sehr interessant, vor allem auch, weil wir – zufällig – lange vorher bereits ein Buch gelesen haben, das mit der Gründung dieser Lodge zu tun hatte…

27 durch SumpfebenenZurück in Rurre geniessen wir noch einen Tag das Nichtstun, bevor wir uns wieder an eine grössere Fahretappe wagen. Weil zu dieser Jahreszeit im Pantanal, im Matto Grosso – Gebiet im westlichen Brasilien gerade Trockenzeit ist, bietet sich uns die einmalige Gelegenheit auch dieses ansonsten unbefahrbare,29 am Fluss da sumpfige Gebiet besuchen zu können, das sehr tierreich sein soll. Das wollen wir nicht 26 im Gaucholandversäumen, bedeu-tet aber einen „Umweg“ von ein paar tausend Kilometern…29 Fähre

In einem grossen Bogen fahren wir durch das bolivianische Rinderzuchtgebiet nach Trinidad. Auch hier queren wir grosse Sumpfebenen und bekommen viele Wasservögel und Kaimane zu sehen. Darunter auch unseren ersten „Jabiru“, den grössten Storch der Welt.28 Jabiru-Storch

31 ReduccionesNach einem weiteren vollen Fahrtag erreichen wir San Javier, den ersten grösseren Ort auf der „Reducciones“ – Route, die einen grossen Bogen durch die Chiquitania schlägt. Die Reducciones sind ehemalige Jesuitenmissionen, wo die Guarani-Indianer im Gegenzug ihrer Bekehrung zum Christentum Schutz vor32 Kirche Verfolgung und handwerkliche Ausbildung erhielten. Sie wurden alle nach dem gleichen Schema um 1750 erbaut und geleitet, erlangten grosse Unabhängigkeit und Souveränität von den herrschenden Spaniern, bis diese sie kurz darauf verboten. Die Dorfgemeinschaften aber haben sich grösstenteils erhalten und 31 Kirche San Ignaciovor ein paar Jahren sind auch die grossartigen Holzkirchen restauriert und dem Unesco-Weltkulturerbe unterstellt worden. Uns beeindrucken vor allem die schönen, baumbestandenen Plazas vor den 32 KircheninneresKirchen, wo sich der Hauptteil des gesellschaftlichen Lebens – aber auch der alltäglichen Siesta – abspielt.

Am nächsten Mittag erreichen wir den Hauptort San Ignacio, 33 Holzschnitzkunstwerden allerdings gleich nach unserer Ankunft dort erst von einem lokalen Fernsehteam zwecks Interview und danach von einem alteingesessenen Italiener, der uns in aller Ausführlichkeit jedesSiesta Detail dieses Ortes erklären möchte, derart in Beschlag genom-men, dass wir nach dem (feinen) Mittagessen im örtlichen Club-Social-Lokal leider die Flucht ergreifen müssen… Zuviel der Aufmerksamkeit!

38 Baumblüten36 Gewitterstimmung37 GewitterlichtAm Himmel haben sich derweil dicke Gewitterwolken zusammengebraut, was ein derart tolles Licht über die Landschaft wirft, dass wir schon bald einmal draussen im „Nichts“ neben der Strasse unser Camp aufschlagen und das Spektakel geniessen. Doch die Wolken ziehen um uns herum, wir kriegen nur ein paar wenige Tropfen ab. Glück gehabt, denn am nächsten Tag fahren wir an mancher tiefen Pfütze vorbei…

      und auch die Brücken werden immer abenteuerlicher!43 Brückendetail42 Brücken

34 Schlangenfänger

Einmal als wir einen stehenden Laster kreuzen, geht Kölbi abrupt auf die Bremse, fährt die paar Meter zurück: 35 Gruppenbild mit dicken Backentatsächlich, die häuten da gerade eine Schlange! Natürlich posieren die wagemutigen Kerle gerne für ein Foto…                    am schönsten anzusehen sind allerdings ihre mit Kokablättern vollgestopften Backen 😉

39 ArasKurz darauf halten wir schon wieder, wie noch öfters an diesem Tag: Aras sitzen auf einem nahen Baum, 40 Arasdanach kreuzt eine weitere Schlange die Strasse (die lassen wir natürlich am Leben und scheuchen sie vor einem heran-nahenden Camion in ihr Versteck!), dann wieder passieren wir einen Tümpel voller Kaimane, Capibarras springen ins Gebüsch… spannend hier!

44 lebende SchlangeNur zu bald ist San Matias, die letzte Ortschaft in Bolivien erreicht. Kurz vor der Siestazeit kriegen wir noch den Ausreisestempel in den Pass gedrückt, passieren auf dem Weg zur Grenze eine äusserst freundliche Drogenkontrolle (!) und stehen kurz darauf am letzten Militärcheckpunkt, wo uns die jungen Soldaten auf unsere Frage hin erklären, wir müssten für den Fahrzeugzoll die knapp 15 km nach San Matias zurückfahren… 🙁 nur, um dieses Stück Papier abzugeben?? Während der Siestazeit? Wo sie uns in San Matias doch erklärt hatten, das werde an der Grenze geschehen… 41 AdlerNein, entscheiden wir, wir gehen das Risiko ein und schauen was bei unserer erneuten Einreise passieren wird… die Bolivianer sind schliesslich nette Leute, mit denen kann man sicher reden (notfalls unter Zuhilfenahme von ein paar Dollars…)

Also fahren wir die nur fünfhundert Meter weiter auf die brasilianische Seite, wo uns Asphalt und ein grosses neuerbautes Zollgebäude willkommen heissen – gemeinsam genutzt von sowohl der brasilianischen wie der bolivianischen Zollbehörde!! Aber darüber sind die einfachen Soldaten vom Militär offensichtlich nie informiert worden 😉30 Sonnenuntergang

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