Die Strasse – auf argentinischer Seite mit einem Top-Teerbelag versehen – schlängelt sich in weiten Kehren durch die wüstenartige Berglandschaft vom Passo San Francisco in die Ebene herunter. Wir können uns kaum sattsehen an all den Formen und Farben. Und als sich auch noch ein von uns aufgescheuchter Kondor von der Strasse in die Lüfte schwingt ist dies die Krönung eines weiteren wunderschönen Reisetages!
Wir campieren an einem Wildbach, backen wieder einmal ein feines Brot auf dem Holzfeuer und sind wegen dem eiskalten Abendwind schon früh drinnen im warmen Bett. Der nächste Tag bringt uns zu den Thermen von Fiambala, wo wir einen entspannten Nachmittag und Abend in den schön warmen Bassins verbringen. Zuerst müssen wir allerdings noch Geld wechseln, was hier in Argentinien mit einer Besonderheit verbunden ist: wegen der starken Inflation gibt es einen offiziellen und einen „blauen“ Wechselkurs, der dem glücklichen Touristen – so er denn viele Cash-Dollars bei sich trägt – den Besuch des Landes fast zur Hälfte günstiger werden lässt! Auf unsere Anfragen diesbezüglich werden wir zur Touristeninformation verwiesen, in Geschäfte oder auch ins Casino – sie alle sind froh, der galoppierenden Inflation ein Schnäppchen schlagen zu können und wechseln gerne mit uns.
Ein weiteres Merkmal von Argentinien sind die strengen Quarantänekontrollen innerhalb des Landes – innerhalb von nur drei Tagen werden wir drei mal kontrolliert und jedes Mal werden mir meine jeweilen frisch gekauften Früchte gleich wieder abgenommen… Bis ich dann rausfinde,
dass dies jedes Mal geschieht, wenn wir die Provinzgrenzen von Nord nach Süd passieren, was in den ersten paar Tagen wegen unserer weiten Fahretappen recht häufig geschehen ist!
Die Höhepunkte dieser Strecke bis nach Mendoza sind die „Cuesta de Miranda“, einer tollen Schlucht (die wir glücklicherweise gerade am Wochenende passieren, denn unter der Woche ist sie wegen Bauarbeiten gesperrt), das „Valle de la Luna“ des Ischigualasto Nationalparks und der Wallfahrtsort der „Difunta Correa“, der Schutzpatronin der Fernfahrer, deren Baby lebend an ihrer Brust stillend aufgefunden wurde als sie
selber in der kargen Wüstenlandschaft verdurstete. Obwohl von der Kirche nicht heilig gesprochen, hat sich ein riesiger Difunta-Kult über das ganze Land verbreitet, leicht erkennbar an den bereitgestellten
Wasser-Petflaschen nahebei kleinen Altären entlang der Strassen Argentiniens. Überhaupt ist es sehr eindrücklich, wie reich geschmückt und zu richtigen Kultstätten ausgebaut gewisse „Gräber“ entlang der Strassen in Chile und Argentinien sind…!
In Mendoza lernen wir auf dem Campingplatz Susanne und Claudio kennen, eine Deutschland-Schweiz-Verbindung, mit der wir uns gleich auf Anhieb anfreunden. Da Claudio von Beruf Winzer ist, bietet sich eine gemeinsame Weintour rund um Mendoza natürlich an und ab diesem Tag sind wir bis nach Valdes gemeinsam unterwegs.
Erst besuchen wir Don Bosco, die älteste Weinkellerei in Maipu, danach die sehr nette kleine Familienkellerei von Cecchin, die sich dem organischen Weinanbau ver-schrieben hat und in deren schön gelegenem Garten wir zu Mittag essen.
Gleich ums Eck steht eine Olivenölfabrik, die wir anschliessend besuchen und deren Führung der eigentliche Höhepunkt dieses interessanten Tages ist.
Wir suchen uns einen schön gelegenen Stellplatz am nahen Mendoza-Fluss. Auf dem Weg dorthin entdecke ein Hinweisschild zum Altavista-Weingut, dessen Wein ich im Rössli selber verkauft habe… also muss ich am nächsten Tag unbedingt dort hin!
Schon bei der Einfahrt realisieren wir, dass es sich um ein Gut der höheren Preisklasse handeln muss… alles nur vom Feinsten und mit eigenem Profi-Degustationsraum! Nun ja, Degustieren wollen wir ja am Morgen eines Fahrtages eh nicht und die in die
Hand gedrückte Preisliste hält uns auch vor einem allzu ausuferndem Kaufrausch ab 😉 Da habe ich ja einen ganz edlen Tropfen verkauft im Rössli…
Durch weite Weingebiete fahren wir der Andenkette entlang südwärts, erhaschen noch einen wolkenfreien Blick auf den Aconcagua, Südamerikas höchsten Berg-gipfel, und erreichen am Nachmittag San Rafael, wo wir in den Autel-Canyon hinein fahren.
Die 70 Kilometer lange Fahrt durch diese faszinierende Schlucht ist wunderschön und spontan übernachten wir gleich an zwei Stellen darin, um all die Eindrücke, Farben und Formen in uns aufnehmen zu können.
Hier realisieren wir auch zum ersten Mal, wie stark und nervtötend der berüchtigte patagonische Wind sein kann, wenn er (meist um den Mittag) loslegt und alles mit sich reisst, was nicht niet- und nagelfest ist, Staub und Sand aufwirbelt und ein Draussensitzen verunmöglicht – und dabei sind wir noch nicht mal in Patagonien angekommen! Doch der Wind wird fortan zu unserem treuen Begleiter –
und jeder windfreie Tag ein Geschenk… mehr als einmal sitzen wir mittags und abends päärchenweise windgeschützt in unseren Autos ohne miteinander quatschen zu können – aber der kalt pfeifende Wind lässt nichts anderes zu!
Ein weiterer Höhepunkt ist die surreale Landschaft des Payunia Nationalparks, einem Gebiet mit über 800 Vulkankegeln und schwarz leuchtenden erkalteten Lavaströmen. Guanakos, die Wildform der Lamas, ziehen durch diese einsame Gegend,
Kölbi entdeckt unser erstes Gürteltier und ab und zu
kreuzen wir Bohrtürme und Leitungen – hier wird fleissig Erdöl gefördert.
Entlang eines erkalteten Lava-stroms fahren wir über eine 4X4 Strecke südlich aus dem Park raus, Claudio meistert die Strecke mit seinem VW-Bus problemlos. Zurück auf der „normalen“ Strasse entpuppt sich diese dann allerdings als grausame Wellblech-Strecke, die sich scheinbar endlos dahinzieht.
Irgendwo mittendrin übernachten wir an einem windgepeit-schten Platz direkt an der wenig befahrenen Piste und sind froh, als wir am nächsten Tag wieder Teer erreichen.
Nach einem Tank- und Einkaufsstopp und einer weiteren Übernachtung an einem neu erbauten Stausee fahren wir zum Lihue Calel Nationalpark, zwar etwas abseits unserer Route gelegen, dafür gut geeignet für einen Tag Pause, den wir mit Wandern, Brot backen, Wäsche
machen und Relaxen ausfüllen.
Wir durchfahren auf dieser Strecke einen Teil der argentinischen Pampa: relativ flaches, trockenes Buschland, auf dem die berühmten argentinischen Rinder und Schafe zur Fleischproduktion weiden. Sie ist nur schwach besiedelt, kaum ein Haus und auch von den Tieren kriegen wir kaum welche zu sehen. Dafür weht ein konstanter Wind…
Nach einem weiteren Fahrtag erreichen wir schliesslich den Atlantik. Wir suchen uns einen Stellplatz in den Dünen und können beim Strandspaziergang einer ganzen Familie von Delfinen beim Spielen im Wasser zuschauen. Sie bleiben lange Zeit an der gleichen Stelle, springen hoch und jagen einander – einfach toll!
Nach weiteren 200 km Fahrt ist dann endlich Puerto Madryn, der Ausgangspunkt zur Peninsula Valdes erreicht. Wir tanken Diesel, füllen unsere Wasserbehälter voll und kaufen für die nächsten Tage Proviant ein. Spätnachmittags fahren wir dann los, unterwegs schalte ich noch die Warmwasserpumpe ein – achte mich allerdings nicht, dass sie falsch herum eingestellt ist und pumpe somit das Wasser von einem (vollen) Tank in den anderen (bereits vollen!) Tank… bis ich den Fehler bemerke, ist die Bescherung schon passiert: ca 40 Liter Wasser sind via Überlauf ins Auto rein gepumpt worden! Oh je!
Als Kölbi bremst, flutscht uns bereits Wasser unter den Schuhen durch… Sofort räumen wir alles hinter und unter den Sitzen hervor, auch unser „Geheimfach“ mit den Dollars steht soweit unter Wasser, dass ich es mit einem Becher rausschöpfen muss 🙁 Wir lassen das Wasser so gut wie möglich ablaufen winscp download windows , verstauen alles hinten im Auto und fahren dann in gedrückter Stimmung zum Campingplatz in Piramides. Dort wird alles nochmals ausgeräumt, gesäubert und zum Trocknen aufgehängt, wir lassen alle Kästen offen zum Durchlüften, putzen und trocknen sie so gut es geht – und sind froh, dass Claudio und Susanne uns zu einem feinen Nachtessen einladen…!
Nach einer eher ungemütlichen Nacht räumen wir am nächsten Morgen alles wieder ein und Kölbi und Claudio nutzen den Tag um die Autos auch unterhaltsmässig auf Vordermann zu bringen. Da haben Susanne und ich Zeit bei einer Wanderung Ausschau nach den Tieren zu halten, deretwegen wir ja überhaupt hergekommen sind: die Wale mit ihren Jungen!
Und tatsächlich sehen wir sie weit unter uns im tiefblauen Meer schwimmen, hören sie prusten beim Luft holen und sehen in weiter Ferne sogar einen aus dem Wasser springen…. wir sind begeistert!
Beim Aussichtspunkt siedelt auch noch eine Seelöwen-Kolonie, doch finden wir die weit weniger interessant als die majestätischen „Südlichen Glattwale“, wie sie offiziell heissen. Jedes Jahr zwischen Juni und Anfang Dezember kommen sie aus der Antarktis hierher um in diesen geschützten Buchten ihre Jungen zur Welt zu bringen und aufzuziehen.
Zurück zum Camping nimmt uns glücklicherweise ein Auto mit, so dass wir noch Zeit haben um vor der in Argentinien fast „heiligen“ Siesta von 13 – 17 Uhr im kleinen Supermarkt einzukaufen – und vor allem nach Stefan&Petra und ihrem „Hermann“, dem 6×6 MAN-Laster, zu fragen. Wir haben die zwei bereits in Goa und in Thailand getroffen und wissen dank Mail-Kontakt, dass sie hier irgendwo sein müssten. Der überaus nette Carlos vom Supermarkt kann uns weiterhelfen und erklärt uns den Weg zu der Bucht wo sie zur Zeit stehen.
Erst aber wollen wir Mädels noch nach Pardelas fahren, wo man direkt am Meer auf der Riffplatte campieren darf und die Wale aus nächster Nähe beobachten kann. Dort draussen bläst der Wind dann zwar dermassen, dass wir die meiste Zeit im Auto verbringen müssen, aber Wale sehen wir trotzdem. Zuerst allerdings erst mal zwei tote, halb verweste Wal-Babies, die es an Land gespült hat. Das sei ein absolut normaler Vorgang, der alljährlich mehrere Dutzend Babies treffe, wird uns dann später von Carlos erklärt. Wir aber versuchen vor allem mal unsere Autos nicht gerade in die Windrichtung dieses Gestanks zu stellen…
Am nächsten Tag fahren wir raus in die Bucht wo Petra&Stefan stehen und natürlich ist die Wiedersehensfreude gross. Wir haben uns viel zu erzählen, schliesslich ist es über eineinhalb Jahre her, seit wir uns in Malaysia das letzte Mal getroffen haben.
Wir erzählen ihnen auch von unserem Plan den nächsten Sommer in der Schweiz zu verbringen, weil die Arthrose in meinem kurz vor der Reise gebrochenen Fuss immer schmerzhafter wird. Daraufhin erzählt mir Stefan von ihren Erfahrungen mit ihrem Hund, der unter Huft-Arthrose litt und kaum mehr aufstehen konnte. Ein Tierarzt habe ihm Goldstücke ums Gelenk herum implantiert und bereits kurze Zeit später sei ihr Bello wieder herumgesprungen wie ein junger Hund… so was gebe es doch sicher auch beim Menschen. In den folgenden Tagen sitze ich häufig im Internetcafé und recherchiere dem Thema nach!
Aber dazwischen halten wir immer wieder Ausschau nach den Walen. Leider zieht jedoch eine Schlechtwetterfront auf und so begeben wir uns wieder auf den windgeschützteren Campingplatz in Piramides.
Nach zwei kühlen Tagen bessert sich das Wetter wieder und so fahren wir mit Susanne&Claudio um die Halbinsel, halten erfolglos Ausschau nach Orcas, bekommen aber „nur“ Pinguine und „faule“ See-Elefanten zu Gesicht und übernachten noch einmal auf der Riffplatte bei Pardelas. Und jetzt ist der Platz perfekt!
Wir gehen (trotz dem eisig-kalten) Wasser schwim-men, geniessen das Draussensitzen und schauen den Walen zu, die ein paar Metern vor unseren Autos vorbei ziehen. Wir bleiben noch einen Tag länger als geplant, so schön ist es jetzt. Am letzten Morgen zieht ein Gewitter über die Bucht, das eine Stimmung hervorruft, die mir wohl für immer in Erinnerung bleiben wird…!
Wir nehmen Abschied von unseren zwei lieb gewonnenen Reise-partnern und machen uns auf die lange Fahrt nach Bariloche, zurück auf die Westseite von Argentinien.
Wir wählen den direktesten Weg über kleine Schotterstrassen, streifen dabei die „Meseta de Somuncura“, die mit ihren Hügelzügen etwas Abwechslung in die sonst recht langweilige Pampa-Landschaft bringt. Am zweiten Tag kämpfen wir mit Gegenwind der übelsten Sorte, die Sicht ist durch den aufgewirbelten Staub bei wenigen Metern und der Spritverbrauch verdoppelt sich beinahe! Wir fahren bis spätabends durch – was will man sonst tun bei dem Wind?? Glücklicherweise finden wir in einem aufgegebenen Steinbruch eine halbwegs windstille Ecke, wo wir die Nacht verbringen.
Der nächste Morgen empfängt uns ruhig und klar; das letzte Stück bis nach Bariloche führt durch faszinierende „Wildwest“-Landschaft. Je mehr wir uns den Anden nähern, desto grüner wird es, Bäume und Tannen tauchen auf, ganze Wälder sogar…! Wie lange es wohl her ist, dass wir Tannenwald gesehen haben…?!
Schliesslich liegt der Nahuel Huapi-See vor uns, dahinter die schneebedeckte Andenkette – schade, dass der Himmel bewölkt ist!
Aber wir kommen in den darauffolgenden Tagen dann doch noch in den Genuss von strahlendem Sonnenschein in Bariloches Umgebung… dann ist die Gegend ein Traum – schöner noch als unsere vielgerühmte Schweiz, muss ich neidlos zugeben!
Aber leider ist das Wetter momentan noch sehr wechselhaft und die Nächte eisig kalt, was uns in unseren Plänen bestärkt, noch einen Schlenker weit nach Norden zu machen um den Sommeranfang in wärmeren Gegenden abzuwarten. Dies fällt zusammen mit meinem Entschluss, die Goldimplantation bei meinem Fuss zu versuchen und so – da es in der Schweiz keinen Arzt dafür gibt – entschliesse ich mich für kurze Zeit nach Dänemark zu fliegen und dies in Aarhus beim Pionier dieser Therapie machen zu lassen. Deshalb planen wir die fast 1000km bis in Chiles Hauptstadt Santiago hoch zu fahren…
Aber erst wollen wir uns noch mit Iris&Wolfram treffen, zwei deutschen Reisefreunden, die wir in Namibia kennengelernt haben und die in ein paar Tagen auch hier eintreffen sollten. Also machen wir eine Rundtour durchs wunderschöne Trafultal und kehren wieder nach Bariloche zurück.
Und siehe da: die zwei fahren grad gleichzeitig mit uns in den Campingplatz ein! Dort stehen auch schon Regine&Walter, ein Schweizer Paar, mit denen wir zwei Tage zuvor campiert haben. So feiern wir denn ein gemütliches Wiedersehen – und dabei müssen ein paar feine Flaschen argentinischen Rotweins das Zeitliche segnen… 😉 Weil unsere Reisepläne gut zusammen passen, sind wir die folgenden zwei Wochen mit Iris&Wolfram unterwegs – ein Teamwork, das für schöne Gespräche und feines Essen sorgt!