Die imposanten Wasserfälle von Iguazu besuchen wir erst auf der argentinischen und danach von der brasilianischen Seite her. Dazwischen verbringen wir ein paar Tage im gut geführten Camping des Paudimar-Hostels. Schliesslich braucht unser Auto
dringendst eine gründliche Reinigung um die Schlammkruste der letzten Tage runterzuspülen. Es wiegt sicher grad 20 Kilo weniger danach und glänzt wie neu… und auch wir geniessen die Nähe zur Stadt zum Einkaufen und Wäsche erledigen.
Nach fünf Tagen fahren wir weiter Richtung Osten. Nach zwei intensiven Fahrtagen erreichen wir schliesslich die Küste bei Curitiba. Wir sind erstaunt, wie modern Brasilien hier ist. Die Strassenränder sind sauber gemäht, es liegt kaum Abfall herum, die Tankstellen sind topmodern eingerichtet.
Wir besuchen Morretes, ein kleiner Ausflugsort mit einer kulinarischen Spezialität, die wir natürlich auch gleich probieren: Barreado, ein Eintopf in dem gepökeltes Fleisch mit Zwiebeln, Tomaten und Gewürzen stundenlang gekocht wird, bis es faserig zerfällt. Der Sud wird mit geröstetem Maniokmehl im Teller angerührt, bis die Masse im Teller kleben bleibt
(siehe Foto) und mit dem Fleisch und frischen Bananenscheiben vermischt. Eine nahrhafte Sache – und für die Restaurants ein Verkaufsschlager mit geringem Aufwand, da nachmittags um vier alle Gäste bereits wieder über die kurvige Graciosa-Aussichtsstrasse nach Hause fahren und im Städtchen wieder Ruhe einkehrt. Deshalb beschliessen wir gleich dort an der Promenade am Fluss zu übernachten (leider haben wir die Disco im
Haus nebenan übersehen puttygen , so dass dann doch nichts wurde mit der ruhigen Nacht…).
Die nächsten Tage fahren wir entlang der bergigen Regenwaldküste „Serra do mar“ und besuchen immer wieder neue Buchten und Strände. Die erste Nacht verbringen wir auf der langgezogenen und über eine Brücke erreichbare „Ilha Comprida“, eine Insel die mit einem 70 Kilometer langen Sandstrand lockt. In den wenigen Ortschaften dieser Ferien-Insel ist toll was los – irgendwann finden wir heraus, dass gerade Karnevalszeit ist und viele Brasilianer diese Kurz-Ferien für einen Strandaufenthalt nutzen…
Zwischen Sao Paulo und Rio werden die Buchten immer kleiner, aber auch schöner, das Wasser hat tolle Badetemperatur; nur leider ist alles rammelvoll und erinnert uns öfter mal ans italienische Rimini in der Hochsaison!
Im kleinen, herzigen Ort „ToqueToque Grande“ finden wir mit viel Glück einen Parkplatz gleich bei der Kirche an der winzigen Plaza – und dahinter fängt grad der Strand an. Es hat ein paar Strandbars, wo ich mir dann auch meinen ersten Caipirinha genehmige 😉 Abends wollen wir noch irgendwo was Essen gehen, aber da ist alles schon geschlossen und ausser ein paar Jugendlichen, die sich vor der Kirche zum Quatschen treffen, scheint hier nichts mehr los zu sein. Also kochen wir selber und gehen auch bereits früh zu Bett. Nachts um halb elf weckt uns dann ohrenbetäubende Discomusik… schliesslich ist Karneval und da treffen sich die paar Einheimischen zum Tanzen auf der Plaza! Selber schuld, dass wir ausgerechnet da parkiert haben…
Dafür lernt Kölbi da die beiden Marks, zwei nach Brasilien ausgewanderte Deutsche, kennen und sie laden uns für den nächsten Abend zu einer Grillade ein. Die Tochter von Mark feiert ihren 16.Geburtstag, ein sehr wichtiges Ereignis hierzulande. Es wird ein sehr netter Abend mit tollem Essen und vielen guten Reisetipps für unsere drei Monate hier in Brasilien.
Einer davon führt uns nach Picinguaba, einem kleinen Fischerort, wo wir unser Auto vor der Schule parkieren können, grad neben dem Camper einer französischen Familie. Der Platz ist genial, gleich am Strand und nahe beim Dorf. Für den nächsten Abend lotsen wir dann via Mail auch noch Iris&Wolfram hierher…
Abends regnet es fast immer ein wenig, aber es bleibt schön warm und tagsüber geniessen wir das Schwimmen im klaren Wasser und das Faulenzen. Das ist genau das Leben, das wir so lange vermisst haben hier in Südamerika… da verschmerzen wir auch die teilweise recht gepfefferten Restaurantpreise hier etwas leichter: wenn man dafür an so einer paradiesischen Küste leben darf…
Gemeinsam mit Iris&Wolfram besuchen wir das Kolonialstädtchen Parati mit seinen unebenen Kopfsteingassen. Es ist bekannt für seinen
Cachaça (Zuckerrohrschnaps), steht unter Heimatschutz und soll eines der Lieblingsorte Mick Jaggers sein…
ihm sind wir dort allerdings nicht begegnet 😉 Dafür unzähligen anderen Touristen, die wie wir vom Charme der alten Kolonialhäuser und – Kirchen vor einer traumhaften Strandkulisse verzaubert wurden.
Leider müssen wir schon Tags darauf weiter, da wir zusammen mit Iris&Wolfram in Rio de Janeiro für vier Tage ein Hotel gebucht haben…
Kurz vor Rio quartieren wir uns auf dem Campingplatz von Recreio ein und treffen zu unserer Überraschung auf noch zwei Reisemobile, beide aus Deutschland. So ergibt sich ein kurzweiliger Abend mit vielen Reise-stories, untermalt von Musikfetzen, die aus der nahen Strandbar herüber tönen… die richtige Einstimmung auf die Traumstadt Rio de Janeiro!
Über die Küsten-strasse, wo sich der Verkehr wie üblich endlos staut, er
reichen wir die berühmte Copa-cabana mit ihren Hochhäusern, be-staunen den Zuckerhut und die Cristo-Statue über der Stadt und fahren schliesslich durch enge kurvige Strässchen hoch ins Santa Teresa-Viertel, wo das Casa Aurea, unser Hotel, liegt.
Wir werden herzlichst aufgenommen von Regina und Cornelius, den Hotelbesitzern. Sie versichern uns, dass unser Cruisie draussen auf der Strasse absolut sicher geparkt sei, da dies ein Künstlerviertel sei, wo jeder dem anderen helfe und ausserdem ein Nacht-wächter gleich nebenan sein Kabäuschen habe… wir vertrauen ihnen und tatsächlich besteht die einzige Gefahr für unseren Camper in den Lastwagen, die täglich auf der schmalen Gasse millimeterknapp an unserer Kabine vorbeischrammen!
Bei der Wahl unseres Hotels haben wir einen Glückstreffer gelandet: innert kurzer Zeit fühlen wir uns als Freunde hier, nicht nur wie Hotelgäste. Wir kriegen viele wertvolle Tipps und landen so bereits am ersten Abend auf einer Strassenparty mitten irgendwo in der grossen Stadt…
Der nächste Tag ist ausgefüllt mit der Jeeptour von Roberto,
die uns den Regenwaldpark Tijuca zeigt, der gleich 10 Minuten von unserem Hotel entfernt beginnt… so nah an der Metropole und doch fühlen wir uns gleich wie im Dschungel!
Wir besuchen Wasserfälle und Aussichtspunkte und zum Abschluss fährt uns Fabrizio noch in eine „sichere“ Favela, wo wir diesen ereignisvollen Tag bei Bier und gebratenem Fisch ausklingen lassen.
Mit Iris&Wolfram fahren wir am dritten Tag ins Geschäftszentrum runter, um Shoppen zu gehen. Kölbi kommt mit mir mit und sogar noch durch den Markt (wo es alles mögliche ausser Gemüse zu kaufen gibt) – wohl das erste Mal seit unserer Beziehung, dass wir so etwas (friedlich) gemeinsam unternehmen können… 😉 Am Abend grilliert Cornelius Picanha und Regina kocht uns traditionelle Beilagen – ein Festessen! Am nächsten Morgen verabschieden sich Iris&Wolfram – wer weiss, wo und wann wir uns wiedersehen werden??
Kölbi und ich gehen zu Fuss durchs Santa Teresa Quartier und über die berühmte Kach-eltreppe runter bis nach Lapa, dem Ausgehviertel der Stadt.
Gegen Abend machen wir dann die obligate Seilbahnfahrt auf den Zuckerhut inklusive toller Sonnenuntergangsstimmung. Die Aussicht über diese ins Meer und die felsigen Hügeln eingebettete Stadt ist wunderschön und wir bleiben, bis sie in einem Lichtermeer aus Sternen und Strassenlaternen zu funkeln beginnt.
Leichten Herzens fahren wir nach vier Tagen in dieser tollen Stadt raus über die unendlich lange Brücke quer durch die Meeresbucht Richtung Norden. Jetzt freuen wir uns auf ein paar Tage entspanntes Strandleben! Regina und Cornelius haben uns Arraial del Cabo Frio empfohlen. Die Aussicht auf diesen endlos weissen Strand mit dem glasklaren Wasser verlockt uns zu einem sofortigen Bad im Meer. Doch oh Schreck: das Wasser ist ja eiskalt!!! Wir hätten wohl dem Ortsnamen doch etwas mehr Beachtung schenken sollen: „Cabo frio“ bedeutet „kaltes Kap“…
Ganz in der Nähe ist auch die Halbinsel Buzios, Brasiliens schickste Ferien-destination, die einst durch Brigitte Bardots Aufenthalt hier berühmt wurde. Auch uns gefällt es hier, obwohl es an den Wochenenden
in den kleinen Buchten schon extrem voll werden kann (vor allem, wenn die ansteigende Flut dann die Strandfläche auch noch zur Hälfte verkleinert!). Möchte nicht wissen, wie das hier in der Hochsaison zugeht… Aber es gibt auch Strände, die kaum besucht werden und wo wir nachts ganz für uns alleine sind.
Nach einer Woche fahren wir zurück ins Hinterland von Rio, wo uns Bergdörfer und alt-koloniale Sommerresidenzen zu einem Besuch locken. Im kleinen Bergort Lumiar werden wir von einem frisch zugewanderten ungarischen Gastwirt zum Campieren auf seinem Grundstück eingeladen. Er ist offensichtlich sehr erfreut über die Abwechslung, die unser Besuch bringt und redet unablässig auf uns ein. Er schwärmt von den grossartigen Geschäfts-möglichkeiten hier, versucht uns aber gleichzeitig einzureden, wie gefährlich dass Brasilien eigentlich sei… Irgendwie hat er Angst vor allem und jedem… den Schlangen, den Menschen, den Terroristen, dem Verkehr… mir gehen solche Menschen immer öfter auf den Geist, die mir Angst und Unsicherheit einzureden versuchen, so dass wir am
nächsten Tag bereits wieder weiterfahren.
Durch sattgrüne Hügellandschaft schlängelt sich die Strasse und wir fühlen uns öfters mal ans Emmental oder Greyerzerland erinnert. Das muss auch den frühen Schweizer Auswanderern so ergangen sein, denn hier sollen sich viele von ihnen niedergelassen haben. Auch die Namen wie „Novo Friburgo“ zeugen davon. Wir sind erstaunt, wie oft wir Schweizer Gesichtszüge wieder zu erkennen glauben, wenn wir den Menschen hier begegnen. Was macht einen Schweizer so unverkennlich?? Was ist so typisch schweizerisch? Keine Ahnung, manchmal ist es auch nur der Gang oder die Körperhaltung… Wir fragen keinen hier nach seiner Herkunft, Deutsch oder Französisch spricht eh kaum jemand mehr. Dafür besuchen wir das Schweizer Haus mit dem Auswanderer-Museum und der Schaukäserei. Nachmittags fahren wir durch eine intensiv bewirtschaftete Hügellandschaft, die uns sehr ans Greyerzerland erinnert, sie heisst „Tere-Fri“.
Spontan folgen wir einem Wegweiser zu einem Wasserfall. Die Naturstrasse schlängelt sich immer weiter in ein enges Tal, bis wir nach vielen Kilometern endlich den wunderschönen Wasserfall dos Frades erreichen. Schnell sind die Kleider gewechselt und wir baden in dem erfrischenden Wasser.
An diesem schönen Platz bleiben wir gleich über Nacht. Schliesslich ist heute Kölbis 50. Geburtstag und ganz nach seinem Wunsch feiern wir ihn mit Cervelat, Brot und einem St.Gallen-Bier, das wir in Nuovo Friburgo entdeckt haben…
Bei regnerischem Wetter besuchen wir noch die alte kaiserliche Sommerfrische Petropolis, die proppenvoll mit Touristen ist. Wir finden kaum einen Parkplatz… Der Rummel ist nicht unser Ding und so fahren wir nach einem kurzen Besuch im Sommerpalast gleich wieder zurück in die Berge.
Der Regen hört nicht auf, so nutzen wir die drei folgenden Tage zum Fahren. Wir übernachten jeweils an der Küste, aber weder das Wetter noch die Badetemperaturen überzeugen uns zum Bleiben.
Schliesslich erreichen wir Bahia, wo wir bei Trancoso an einem schönen Strand übernachten. Von hier an nördlich folgt ein Traumstrand dem anderen und wir drosseln unser Tempo auf 15-20 km/Tag 😉
Klares, angenehm warmes Meerwasser und schöne Strände unter Sandsteinklippen oder mit angrenzendem Dschungel und Palmen, feiner weisser Sand… was will man mehr?!
In Arraial d‘Ajuda lernen wir den ausgewanderten Schweizer Pedro kennen, der selber lange Zeit mit seinem Bus unterwegs war. Jetzt steht das Fahrzeug im Garten und wird je nach Bedarf als Wohnung oder Reisemobil genutzt. Seine Freundin Gracia organisiert
einen Pizza-Abend, zu dem wir auch willkommen sind. Es kommen noch andere Brasilien-Schweizer hinzu und es wird ein geselliger, kurzweiliger Abend, wie wir ihn mögen.
Spontan verschie-ben wir unsere Weiterfahrt um noch einen Tag und kommen auch an dem dann nicht viel weiter als 30 km, wenig nördlich von Porto Seguro (Fussballfans dürfte dieser Ort als WM-Standplatz unserer Nati geläufig sein/werden…).
Die Küstenstrasse quert viele Flüsse und wo es noch keine Brücken hat gibt es Fähren, immer eine nette Abwechslung zum „Fahralltag“.
Hier von diesem Küstenstreifen aus wurde Brasilien von den Portu-giesen in Besitz genommen, sprich:
hier wurde die erste Messe gelesen und es finden sich noch viele koloniale Gebäude und Kirchen aus dieser Epoche. So auch die auf einem Hügel gelegene Altstadt von Porto Seguro, die wir uns anschauen. Nachdenklich stimmen uns allerdings die im Museum ausgestellten Bilder und Berichte über die Sklaverei;
unvorstellbar, wie grausam die Herrscherschicht damals mit ihren Mitmenschen umgegangen ist! Der gesamte Reichtum und die allermeiste Infrastruktur der Kolonien resultierte aus Sklavenarbeit. Noch heute fahren wir häufig über Kopfstein gepflasterte Strassen (vor allem in den Dörfern und Städten), die aus der Sklavenzeit stammen. Das Gerüttel und Ächzen der Federung beim Darüberfahren sind wie der Nachhall all des Leids und Stöhnens ihrer Entstehung in meinen Ohren….
Nach einer Woche in dieser schönen Gegend vertrauen wir der Empfehlung unseres Reiseführers (und vieler Brasilianer), dass nämlich die Strände in Bahia je nördlicher, desto schöner werden sollen und ziehen weiter.
Nach einem halben Fahrtag erreichen wir bei Ilheus die Küste wieder und können bestätigen, dass es sich gelohnt hat! Wir biegen bei irgendeinem „Praia“ (Strand)-Schild von der Hauptstrasse weg und bleiben gleich über Nacht da. Roberto, der Hausmeister eines
Anwesens, lädt uns ein bei ihm auf dem Rasen zu stehen und versorgt uns gleich noch mit frischen Kokosnüssen zur Erfrischung. Beim Strandspaziergang entdecken wir dann noch sehr originelle, nicht wirklich seetauglich aussehende Fischerboote – doch Roberto versichert und glaubhaft, dass diese Vehikel die hiesige Fischerflotte darstellten… oh Graus: damit würde ich mich nie durch die hohen Wellen getrauen!
Im Surferort Itacare finden wir dann eine wunderschöne Bucht zum Campieren, nachdem alle örtlichen Camping-plätze wieder mal zu tiefe Einfahrts-tore haben für unseren Cruisie. Eigentlich
möchten wir uns ja gerne wieder mal die Annehmlichkeiten eines Campingplatzes gönnen, aber leider sind die meisten Plätze nur für Zelte eingerichtet. Nun ja, wenn‘s dafür solche Stellplätze wie diesen hier gratis gibt… 😉
Nach zwei ge-mütlichen Tagen zieht es uns dann (trotz schlechter Sandpiste) auf die Halbinsel Marau nach Taipus de Fora,
der bereits zum schönsten Traum-strand Brasiliens gewählt wurde. Er ist durch ein Korallenriff wellen-geschützt und man kann in dem glasklaren Wasser schnorcheln. Ein Platz zum Bleiben – da wir nur drei Monate Visum haben, müssen wir uns mit vier herrlichen Tagen begnügen…