Meinen Geburtstagsabend feiern wir übrigens bei „Gschwellti und Chäs“ (mit Käse aus Pokhara, da die Schweizer Entwicklungshilfe in Nepal Käsereien aufgebaut hat und französischem Camembert aus der Büchse(!), in Nepal gekauft und gar nicht mal so schlecht…) und chinesischem Rotwein der Marke „Great Wall“ (grosse Mauer), das passt doch!!!
Am nächsten Tag erreichen wir dann mit nur wenig Kopfweh (Höhe oder Wein??) den Koko Nor-See. Ein riesiger, leicht salzhaltiger See auf über 3000 m Höhe, aber trotz kaltem Wind steigt Nils aus unserer Gruppe in die eisigen Fluten…. er hat wohl wirklich schon lange keine Dusche mehr gesehen, dass er sich das antut! Da lobe ich mir doch unsere warme Dusche im Cruisie; die würde ich nicht mehr hergeben, auch wenn der Platz eng ist! Durch ein langgezogenes Tal kommen wir nach Xining runter, wo Kölbi und ich uns das Ta Err – Kloster ansehen, endlich mal bei T-Shirt – Temperaturen… Die meisten aus der Gruppe wollen sich jedoch Xining ansehen, eine chinesische Millionenstadt mit allen nur erdenklichen Einkaufsmöglichkeiten. Also machen wir einen Treffpunkt ca 130km ausserhalb der Stadt aus für den nächsten Morgen um 8 Uhr. So können die, die das Nachtleben geniessen wollen, halt einfach am nächsten Morgen früh losfahren puttygen ssh , denken wir. Kölbi und ich machen uns nachmittags um vier Uhr auf den Weg und erschrecken erst mal ob den Kilometer – Angaben auf der Strecke…. da haben sich unsere Kartenzeichner wohl etwas vertan…! Und dann steigt die Strasse auch noch stetig bergan, höher und höher kommen wir, obwohl auf unserer Karte nirgends ein Pass eingezeichnet ist. Auf 3750 müM ist dann die Passhöhe erreicht und wir geniessen die tolle Abfahrt und Aussicht. Wir haben für die Strecke über 3 Stunden gebraucht und fragen uns, wann die anderen wohl eintreffen werden morgen früh… – aber weit gefehlt! Alle sind pünktlich. Zwei Autos stossen noch beim Eindunkeln zu uns.
Da sie mit Rick auf Shoppingtour waren, lassen sie uns von den vielen Leckereien und Schnäpsen kosten, die sie in der grossen Stadt gekauft haben und so wird es ein feucht-fröhlicher, lustiger Abend mit einem etwas beschwipsten Rick, der uns auch noch in die chinesischen Trinksitten einführen will… Auch die andern zwei Fahrzeuge stehen am Morgen früh auf dem Platz, obwohl die einen ihr Auto in Xining noch haben abschleppen müssen, weil es nicht mehr starten wollte…! Sie machen sich dann auch gleich auf in die nächste Werkstatt, weil irgendetwas immer noch nicht rund läuft (was leider bei ihnen zu einem Ritual wird und sie so bald mehr Werkstätten als Sehenswürdigkeiten zu Gesicht bekommen).
Durch eindrückliche Berglandschaften fahren wir weiter und nach dem nächsten tollen Pass fahren wir in den Gansu – Korridor runter, einer Wüstenlandschaft, wo dank Schneeschmelzwasser aus den Bergen mit grossem Aufwand Landwirtschaft betrieben wird. Und am Abend stehen wir dann vor dem Endpunkt der grossen chinesischen Mauer! In Jiayuguan befand sich das letzte grosse Fort an der Verteidigungsfront gegen die Mongolen. Es ist restauriert worden und beeindruckt mit hohen Mauern und einem Museum. Der Mythos der Seidenstrasse wird hier so richtig lebendig!
Der nächste Tag bringt uns in die Nähe von Dunhuang zu den Margao – Grotten, wo wir die ersten Sanddünen der Takla Makan, der zweitgrössten Sandwüste der Welt (nach der Sahara) erblicken. Die Jungs sind ganz aus dem Häuschen und testen sofort ihre fahrerischen Fähigkeiten in einem trockenen Flussbett aus… Sandkasten für grosse Buben! Obwohl wir bereits Schwemmholz für ein Lagerfeuer gesammelt haben, werden wir von den Grottenwächtern weggeschickt und müssen uns woanders einen Schlafplatz suchen. Das Holz packen wir aber ein für die Takla Makan!!
Die Grotten besichtigen wir am nächsten Tag. Wir sind beeindruckt von den buddhistischen Höhlentempeln, sie erinnern uns an Ajanta in Indien. Riesengrosse Buddhastatuen (38m hoch) sind in Stein gemeisselt, die Wände verziert mit jahrhunderte-alten Malereien in leuchtenden Farben, die durch das Wüstenklima so gut erhalten sind. Der chinesische Einfluss ist gut sichtbar, Buddha hat hier Schlitzaugen!
In der nahen Stadt geniessen Kölbi und ich dann den freien Nachmittag mit einer Radfahrt durch die grüne Oase bis zu den Dünen, bestaunen die vielen Kamele und schauen den Einheimischen bei einem Brettspiel, einer Mischung aus Scrabble und Joker, zu. Einer der alten Männer scheint besonders erfolgreich zu sein, in seiner Tischschublade stauen sich die Geldscheine (Yuan) nur so…
Und am Abend lassen wir uns auf dem Nachtmarkt unter freiem Himmel mit Fleischspiessen vom Grill verwöhnen. Das chinesische Essen ist wirklich toll, es gibt alle nur erdenklichen Köstlichkeiten und das Gemüse und die Früchte kriegt man in Hülle und Fülle und von Superqualität. Und dann erst die Nudeln…! Ich muss den Italienern ihre Vorrangstellung auf Pasta absprechen; die besten und frischesten Nudeln habe ich hier bei den Uiguren (hiesiger Volksstamm) gegessen !!!
Über Hami gelangen wir dann in die Oase Turpan. Die Gegend ist berühmt für ihre Melonen und die Trauben. Sie wird durch kilometerlange unterirdische Kanäle mit Wasser von den Bergen versorgt und profitiert vom Wärmestau der Senke, in der sie liegt: wir befinden uns über 100m unter dem Meeresspiegel! Was für ein Wechsel von den Höhen Tibets hierher in nur wenigen Tagen! Aber wir geniessen die Wärme nach all dem Frieren in Tibet!
Am ersten Tag fahren wir durch einen Canyon in den Flammenbergen in ein traditionelles Uiguren-Dorf, wo wir bei einer Familie essen dürfen. Aber kurz vorher fährt sich „Bertha“, der deutsche Laster, noch einen platten Reifen ein… also bleibt genug Zeit für ein paar unserer Gruppe durch den Canyon zurück zu wandern, währenddem der Rest sich ums Flicken kümmert. Die Canyontour wird dann zu einem Highlight meiner Chinareise; wir pflücken wilde Maulbeeren, klettern über steile Hänge und waten die meiste Zeit flussaufwärts im kühlenden Wasser. Nach fast zwei Stunden sind wir durstig, aber glücklich zurück bei den Autos. Im nächsten Dorf kaufen wir noch frisch geschlachtetes Rindfleisch ein, so dass wir was zum Grillieren haben über dem Lagerfeuer am Abend! Mitten in den flammenden Bergen!
Der nächste Tag bringt uns in die Stadt Turpan und zum ungeplanten Abschied von einem Gruppenmitglied, der überraschend schnell nach Hause fliegen muss, und unserem Reiseführer Rick. Wir bekommen an seiner Stelle Habib zugeteilt, der uns dann gleich durch die Ruinenstadt Jiahoe führt. Jiahoe ist eine verfallene, 2000 Jahre alte Garnisonenstadt, die fast wie Bern erhöht über zwei Flüssen trohnt. Viele der Häuser waren wegen der Hitze unterirdisch gebaut, die meisten haben eigene Ziehbrunnen und so konnte die Stadt langen Belagerungen trotzen. Immer wieder fasziniert uns die uralte Geschichte des chinesischen Reiches, von der wir in unseren Schulbüchern fast nichts mitkriegen!
Durch eine lange Schlucht und über einen Pass gelangen wir am nächsten Tag nach Korla und nach einer Nacht in einer Obstplantage mit vielen Stechmücken freuen wir uns dann aufs nächste Abenteuer: die Durchquerung der Wüste Takla Makan! Von Luntai nach Myinfeng führt eine der teuersten Teerstrassen der Welt, quer durch das unendliche Dünenmeer, alles auf Treibsand gebaut und zur Sicherung beiderseitig von einem bewässerten Grünstreifen aus Büschen bepflanzt. Alle 4 km steht ein Brunnenhäuschen mit einem Wärterpaar, das sich um die Bewässerung und die Sauberkeit (Sand!) der Strasse kümmern muss. Wir lernen an einem unserer Übernachtungsplätze so ein Paar kennen, sie stammen aus dem Osten Chinas und sind jeweils das Sommerhalbjahr hier bei der Arbeit und kriegen das Winterhalbjahr, wo die Pflanzen selbst auskommen müssen, zuhause bezahlt… ein gesuchter Job! (Die Takla Makan liegt auf über 1000 müM, weshalb im Winter die Wasserleitungen in der Nacht einfrieren würden.) Sie sind Angestellte der Ölfirmen, für welche diese Strasse gebaut wurde. In der Takla Makan sollen sich über ein Drittel der chinesischen Öl- und Gasvorkommen befinden.
Wir aber geniessen es einfach, dass wir dank dieser Strasse die Gelegenheit haben durch diese einmalige Dünenlandschaft zu fahren und sogar z
weimal hier übernachten zu können! Und dazu abends noch ein Lagerfeuer machen zu können und erst noch mit Holz aus der Wüste, so widersinnig das tönen mag! Aber die Takla Makan unterqueren riesige Wassermengen von den rundumliegenden Bergriesen, sie ist umgeben von den drei höchsten Gebirgszügen der Welt: dem Himalaya im Süden, dem Pamir im Westen und dem Tien Shan im Norden. Das Grundwasser befindet sich in geringer Tiefe und so sieht man immer wieder Sträucher und Bäume oder ihre verdorrten Überbleibsel in der Wüste stehen…. und wir haben über hunderte von Kilometern Holz mit uns rumgeschleppt! 😉
In Hotan erleben wir dann wieder richtiges „Seidenstrassen – Feeling“, für meinen Geschmack noch stärker und ursprünglicher als die nächsten zwei Tage in Kashgar. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass in Hotan nur erst etwa 5% Han – Chinesen leben und Kashgar schon viel mehr „chinesisiert“ und modernisiert wurde…
Die Fahrt nach Kashgar wird auf alle Fälle noch einmal zur Geduldsprobe für uns, es herrscht Sandsturm – Wetter, es ist heiss und schwül, man hat kaum Aussicht und ausser Fahren können wir nicht viel machen!
Wir geniessen dann den so gewonnenen Tag in Kashgar umso mehr, spannen aus,schreiben Mails und Berichte, geniessen das feine Essen und streifen durch die Altstadt und den Basar.
Am 20. Mai heisst es dann Abschied nehmen von China, durch wunderschöne Berglandschaften fahren wir zum Torugart – Pass (3752 müM), der die Grenze nach Kyrgisien darstellt. Die Zollabfertigung findet fast 100km vorher statt, noch einmal lernen wir die chinesische Bürokratie kennen, aber schliesslich dürfen wir mit unseren Autos dann doch passieren ohne sie ganz ausräumen zu müssen… – was wahrscheinlich Tage gebraucht hätte!
Doch unseren sehr positiv überraschten Eindruck von China kann das nicht mehr beeinträchtigen… wir planen wiederzukommen! Unsere Bedenken galten im Vorfeld vor allem dem „Mitschleppen“ eines Reiseführers, doch haben wir gerade mit diesen sehr gute Erfahrungen gemacht. Es waren junge, aufgestellte Leute, die uns viel über ihr Land und seine Gebräuche erzählen konnten und die wir schnell in unser Herz schlossen, auch wenn es für sie mit unserer „Campiererei“ sicher nicht immer einfach war und sie auf viel sonst gewohnten Komfort (z.B. die täglichen Duschen) verzichten mussten. Wir sind in den 25 Tagen hier in China fast 7000km weit gefahren; viel zu viel für die kurze Zeit mit so einem strikten Programm – und das langsame Vorwärtskommen in der Gruppe hat uns auch etwas zugesetzt, so dass wir uns aufs „Alleinereisen“ freuen und es jetzt erst mal etwas gemütlicher angehen lassen… und dafür scheinen wir geradezu im idealen Land angekommen zu sein: weite, grüne Flächen, wenig Menschen, aber hohe Berge und tiefblaue Seen, Natur pur hier in Kyrgisien!
Unser momentaner Reiseplan sieht vor, dass wir diesen Sommer über Tajikistan (Pamir), Usbekistan, Kasachstan und Russland in die Mongolei reisen wollen
und dann im Herbst nochmals durch China hindurch nach Laos und Thailand, Malaysia fahren werden. Aber ob sich das mit all den Visaerfordernissen in den ehemalig russisch (- bürokratischen) Staaten auch verwirklichen lässt, werden wir ja sehen…