Mongolia (28.8. – 26.9.2011)

Hier ist sie also: die Brücke, vor der uns die andern schon gewarnt haben… aber aus der Ferne sieht sie eigentlich gar nicht so schlimm aus, eher wie eine Betonbrücke. Beim Näherkommen sehen wir bald einmal: ja es ist eine Betonbrücke, aber noch im Rohbau und ohne Auf- und Abfahrt, da kommen wir nicht über den Fluss!

Nach der nächsten Biegung sehen wir sie dann – und uns steht der Atem still! Wir haben mit einer unbefestigten Bretterbrücke von ein paar Metern gerechnet, aber das hier ist eine 30 Meter lange Holz-konstruktion am Zusammenbrechen!!! Zwei Pfeiler sind schon abgeknickt und die einst gerade verlaufende Spur macht Kurven und Bögen in alle Richtungen…. Kölbi geht auf der Brücke hin und her und hat steile Sorgenfalten im Gesicht: soll ich – oder nicht – aber wo ist die Alternative?? Der Fluss ist tief und hat starke Strömung, umfahren heisst 2 Tage Umweg… Riskieren wir zuviel wenn wir drüber fahren? Die Mongolen haben uns zwar versichert „no problem“ – aber was gilt das hier schon?! Für sie ist alles „no problem“ – und nachher flicken sie dann….

Kölbi scheint zu einem Entschluss gekommen zu sein: „also ich geh jetzt erst mal scheissen… mit vollen Hosen fahr ich da nicht rüber!“ Mareike, Joscha und ich brechen in nervöses Gelächter aus und bringen unsere Kamera in Position…

Aber jetzt erst mal der Reihe nach. Die ersten paar Tage verbringen wir in Ulaanbaatar, der Hauptstadt. Kriegen nach langem Anstehen unser China – Visum, ersetzen die gebrochene Blattfeder am Cruisie, belagern die Wäscherei und füllen den Kühlschrank auf. Erstaunlicherweise gibt es hier mehr deutsche Produkte zu kaufen als in all den Ländern zuvor. Aber das liegt wohl daran, dass die Mongolei eh fast alles importieren muss. Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von -2°C kann ein Land wohl nicht viel selber produzieren… die meisten Mongolen ziehen immer noch mit ihren Viehherden und Jurten durchs Land und leben von dem, was die Tiere geben: Milch, Butter, Fleisch, Wolle und Dung zum Heizen. Das Land ist extrem dünn besiedelt: ausserhalb der Städte unter einem Einwohner pro Quadratkilometer…! Wir haben Glück und haben ein Jahr mit überdurchschnittlich vielen Niederschlägen erwischt. Die Steppe ist mit einem grünen Hauch überzogen, wo um diese Jahreszeit normalerweise wohl alles spindeldürr ist. Pech ist allerdings, dass mit unserer Einreise in die Mongolei auch gleich eine Kältewelle durchs Land fegt… – doch davon später!

Wir verlassen die Hauptstadt Richtung Westen und nach knapp 100 km auch eine der wenigen Asphaltstrassen des Landes. Endlich kommen wir in die „richtige“ Mongolei! Noch haben wir eine Spur und einen Richtungspfeil auf unserem Navi-gationssystem, also kann nichts schief gehen…! (?)  Wir übernachten auf freien Hügeln, wo frische Champignons spriessen. Bald schon bekommen wir Besuch von Reitern aus den umliegenden Jurten. Eins davon kann wohl geradeso knapp gehen und so haben sie das Mädchen mit einem Gürtel am Sattel festgebunden. Hier lernt man Reiten vor dem Laufen! Mangels Mongolisch-Kenntnissen werden wir schon bald wieder alleine gelassen und geniessen den ruhigen Abend zu zweit; wegen dem kalt-bissigen Wind jedoch recht bald schon drinnen im Cruisie. Die Weiterfahrt am nächsten Morgen bringt uns dann bald schon eine tolle Überraschung: um einen Kadaver im Strassengraben sehen wir riesig grosse Geier! Wir finden heraus, dass es sich um Mönchsgeier handelt, die hier weit verbreitet sind, da alle verunfallten und eines natürlichen Todes gestorbenen Tiere ihnen überlassen werden. Da wir am Abend sogar in der Nähe eines Kadavers campieren, können wir sie aus nächster Nähe beobachten und fotografieren. Ich zähle über dreissig Geier!

Nach zweieinhalb Tagen Holperpisten erreichen wir schliesslich den Khövsgöl-See im Norden der Mongolei. Er ist von Bergen und Wäldern umgeben, glasklar und wunderschön gelegen, wenn nur dieser eisige Wind nicht so blasen würde…

Am zweiten Tag kommen dann Mareike und Joscha dahergewandert, ein junges deutsch-es Paar, denen unglücklicherweise in Ulaanbaatar die Pässe, Kamera und Wert-sachen gestohlen wurden. Sie versuchen das Beste aus der Situation zu machen und ihre Ferien trotzdem zu geniessen, mit Zelt und Rucksack. Wir offerieren Ihnen sie bis zur nächsten Stadt mitzunehmen; aber da sie so aufgestellte, unkomplizierte Begleiter sind, fahren sie schlussendlich fast eine Woche mit uns mit. Es tut gut abends nicht immer nur zu zweit zu sein! Die erste Nacht verbringen wir in einem Jurtenhotel zu-sammen mit weiteren deutschen Touristen, deren Fahrer uns gute Routen auf unsere Mongoleikarte skizziert, gute Tipps gibt und sie warnen uns vor einer altersschwachen Brücke….. wir sitzen gemütlich in ihrer gut beheizten Jurte beisammen, draussen bläst ein eisiger Wind – und am nächsten Morgen erwachen wir alle in schneeweisser Winterlandschaft!!!Damit haben wir nicht wirklich gerechnet und wir machen uns schnell auf Richtung Süden. (Später finden wir dann heraus, dass es sogar da in der Wüste Gobi geschneit hat!) Auch die nächste Nacht verbringen wir in eisiger Kälte und bei Schneetreiben, Joscha und Mareike beneiden wir überhaupt nicht in ihrem Zelt… aber wir fahren durch wunderschöne Hügellandschaften, viele haben vulkani-schen Ursprung. Ab und zu halten wir bei den Jurten an um nach dem Weg zu fragen. Unser Navigationssystem  funktioniert hier nicht richtig, je verlassener die Gegend, desto weniger…. das ist doch beruhigend in einem Land wo es nur Fahrspuren in der Steppe und keine Wegweiser gibt….!? Dafür trifft man sogar in der Wüste noch immer wieder auf Jurten, wo man nach dem Weg fragen kann. Sogar die mongolischen Tourenfahrer machen das so. Mit der Zeit lernen wir dann aucheinfach nach Kompass zu fahren, irgendeine Piste zu nehmen und wenn die Richtung nicht mehr stimmt oder sie uns zu ausgefahren und holprig wird, einfach auf die nächste abzubiegen…. irgendwie erreichen wir unser Ziel immer!

So auch die berühmt-berüchtigte Brücke…. – aber Kölbi schafft sie mit Bravour, nichts fällt hinter dem Cruisie zusammen…. aber wir fragen uns später noch des öfteren, ob es nicht doch etwas leichtsinnig war darüber zu fahren!

Über den weissen See, wo wir auf einen Vulkankrater steigen können, erreichen wir schliesslich Tsetserleg und die heissen Quellen von Tsenkher. Unterwegs müssen wir allerdings noch einer Familie aus der Patsche helfen, deren Camion (-motor) vollbeladen mit ihrer Jurte und dem ganzen Haushalt in einer sehr unangenehmen Schräglage abgestorben ist. Und die Batterie scheint schon länger tot zu sein… Kölbi zieht sie mit dem Cruisie an und wir hängen uns an den Laster PuTTY , damit er nicht umkippen kann!

Zur „Belohnung“ verfahren wir uns dann auch noch 25 km auf schlechter Piste, aber dafür ist es nachher im heissen Pool bei den Quellen umso schöner und entspannender…

In Karkhorin verabschieden wir uns dann von Mareike und Joscha, bevor wir das Kloster Erdene suu besuchen. Der Buddh-ismus ist trotz sowjetischer Repression sehr lebendig geblieben in der Mongolei und viele Klöster werden heute wieder aufgebaut. Aber auch der Glaube an gute und böse Geister ist sehr verbreitet und auf vielen Anhöhen stehen sogenannte „Ovoos“, Steinhügel, die der Reisende 3x umgehen muss um eine glückliche, unfallfreie Reise zu haben. Bei uns scheint‘s zu wirken!

Bei trübem Wetter fahren wir weiter Richtung Süden, Richtung Gobi. Die uns vom mongolischen Fahrer gezeichnete Route entpuppt sich als superschneller Track, über den wir zeitweilig nur so da-hinfliegen können. Was für eine wohltuende Abwechslung nebst all den schlechten Pisten, wo wir meist nur mit 20 – 30 kmh dahinhöpperln können! So sind wir innerhalb eines Tages bereits bei den flammenden Klippen, einer Erosions-landschaft aus rotem Sandstein. Und tags darauf in den Dünen von Konghorin Els. Eine riesige Sanddüne erhebt sich direkt vor einem kleinen Fluss, ein eindrückliches Bild! Wir machen uns an den Aufstieg, welcher sich als viel anstrengender herausstellt als erwartet. Es geht wirklich fast senkrecht die Wand hoch! Die Aussicht oben ist dafür atemberaubend, der pfeifende Wind aller-dings auch, und beim Abstieg wünschen wir uns ein Snowboard dabei zu haben! Von Weitem sehen wir ein Überland-Fahrzeug näherkommen. Es ist Bruno aus St.Gallen mit seinem Freund Florian auf Besuch. Bruno will auch längere Zeit Reisen und will nach Wladiwostok fahren zum Verschiffen seines Bremachs nach Südostasien, wo wir ihn hoffentlich wieder treffen werden. Wir fahren die nächsten 2 Tage zusammen und erwandern zum Abschluss gemeinsam die Geierschlucht. Nochmals verbringen wir eine windig-kalte Nacht auf 2000 müM. Langsam haben wir genug vom ewigen Daunenjacken- und lange Unterwäsche-Anziehen…. aber der Kälteeinbruch ebbt langsam ab und von dem Tag an steigen die Temperaturen langsam aber stetig aufwärts. Wir fahren einen Bogen nach Norden zur weisse Stupa, einer interessanten Erosionsformation. Weiter zum Ikh Gaz-harin Chuluu, einer heiligen Stätte mit selt-sam geformten Felsen, genial um darin herumzuklettern. Richtung Osten besuchen wir den Ikh Naart – Nationalpark, wo wir die wildlebenden Argali – Schafe mit ihren geschwungenen Hörnern endlich einmal zu Gesicht bekommen. Sie sind in ganz Zentralasien heimisch, wir haben bisher jedoch nur das Gehörn von toten Tieren gesehen.

Weiter südlich sichten wir dann auch eine kleine Herde Gazellen und als wir am nächsten Morgen aufwachen, grasen Hunderte von ihnen um unseren Cruisie herum! Ein eindrückliches Bild! Die Steppenwüste ist dank dem vielen schlechten Wetter mit einem Hauch Grün überzogen, das meiste ist Schnittlauch, aber es hat auch niedrige Stauden, die in allen Herbstfarben leuchten.

Wir geniessen diese letzten Tage hier in der Mongolei ganz bewusst. Diese menschen-leere Weite und Stille, dieses freie Campingleben mit ungestörtenLagerfeuern am Abend werden wir die nächsten Monate durch China und in Südostasien wohl kaum mehr geniessen können!

Südlich von Sainshand treffen wir dann beim Kloster Khamryn Khiid, welches in traumhafter Hügellandschaft gelegen ist, auf Familie Sans, die mit uns durch China reisen wird. Und am nächsten Tag stossen dann auch noch Felix und Adrian zu uns, so dass unser Team komplett ist. Wir sind froh genügend Zeit für die schlechte Piste bis an die Grenze eingeplant zu haben, so dass wir noch einen Tag rumhängen können vor unserer Chinadurchreise, die am 26. September startet und 18 Tage dauern wird.

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